Nebenwirkungen von Hilfsstoffen

Medikamente bestehen nicht nur aus Wirkstoffen, die allfällige Beschwerden lindern. Ein wesentlicher Teil sind Zusatzstoffe: Laktose, Gluten und Maisstärke. Diese können in manchen Fällen Beschwerden hervorrufen, so eine US-Studie.

Manche Tabletten sind linsen- oder bohnenförmig, andere eine Kapsel mit Pulver. Einige sind rot, lila oder gelb gefärbt, andere einfach strahlend weiß. Verantwortlich für Farbe, Konsistenz und den Geschmack von Medikamenten sind unter anderem Zusatzstoffe wie Laktose, Maisstärke, Erdnussöl, Zucker, Gluten oder Lebensmittelfarbe. Wirkung haben diese Hilfsstoffe grundsätzlich keine, das gilt zumindest für den Großteil der Menschen.

In manchen Fällen problematisch

In manchen Fällen können Stärke-, Farb- und Geschmacksmittel allerdings Blähungen, Durchfall, Bauchschmerzen bis hin zu allergischen Reaktionen hervorrufen, wie Forscher in einer US-Studie verdeutlichen. „Wir haben die gesamte Literatur durchsucht und herausgefunden, dass beispielsweise besonders sensible Menschen auf diese Zusatzstoffe reagieren können. So gibt es Berichte, wonach ein Arzt Patienten mit Medikamenten behandelt hat, die Laktose enthielten. Sie alle bekamen Blähungen und andere Beschwerden. Nachdem er ein alternatives Medikament ohne Laktose verschrieben hat, verschwanden die Probleme“, erklärt der Datenwissenschaftler Daniel Reker vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Studie

“’Inactive’ ingredients in oral medications", Science, 13.3.2019

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 18.3., 12:00 Uhr.

Er und seine Kollegen haben nun alle in den USA zugelassenen Pillen nach jenen Wirkstoffen untersucht, die laut wissenschaftlicher Literatur vereinzelt für Probleme gesorgt haben. Ihr Ergebnis: Fast jedes Medikament enthält zumindest einen jener Zusatzstoffe wie Zucker und Laktose, die bei Menschen mit Unverträglichkeiten Beschwerden ausgelöst haben. 93 Prozent der Tabletten wiederum enthalten Allergene wie Erdnussöl oder bestimmte Farbstoffe.

„Es gibt Beispiele wie Tartrazin, das ist ein gelber Farbstoff, der hinzugefügt wird, um die Tablette besser von anderen zu unterscheiden. Drei Prozent der Patienten können wirklich stark auf diesen Farbstoff reagieren.“ Allerdings wird der Farbstoff gerade einmal in einem Prozent der in den USA zugelassenen Medikamente verwendet. Auch in der EU ist der Farbstoff zugelassen und wird für manche Medikamente verwendet.

Auch in Europa Thema

Das Problem mit diversen Hilfsstoffen kennt man grundsätzlich auch in Europa, wie Christoph Baumgärtel von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES erklärt. „Es kommt immer wieder zu Unverträglichkeitsreaktionen auf Tabletten, das ist keine Seltenheit.“

Wie häufig solche Nebenwirkungen konkret auftreten, ist allerdings unklar. Um Beschwerden zu vermeiden, müssen in Europa wie in den USA alle Zusatzstoffe zumindest am Beipackzettel stehen. Darüber hinaus müssen die Hersteller bei manchen Stoffen auf mögliche Unverträglichkeiten und allergische Reaktionen hinweisen. „Zum Beispiel ist bei Laktose anzugeben, dass ab gewissen Mengen eine Unverträglichkeit entstehen kann. Bei Erdnussöl oder Sojabestandteil wird wiederum darauf hingewiesen, dass dieses Arzneimittel bei Allergikern gar nicht angewendet werden darf“, so Baumgärtel vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen sowie der AGES Medizinmarktaufsicht. Seine Empfehlung lautet deshalb: „Immer in den Beipackzettel schauen.“

Immer Alternative möglich

Die zugelassenen Zusatzstoffe zu beschränken oder gar zu verbieten, sei wenig sinnvoll. „Das sind geprüfte Stoffe, die in den meisten Fällen keine Probleme bereiten. Vielmehr üben sie eine wichtige Funktion aus.“ So wird Maisstärke etwa dafür verwendet, dass sich die Tablette schneller auflöst und sich der Wirkstoff somit schneller im Körper verteilen kann. Ähnliches gilt für Laktose.

Für Menschen, die an einer starken Unverträglichkeit leiden oder eine Allergie gegen Erdnüsse oder bestimmte Farbstoffe haben, gibt es in der Regel Alternativen. „Man kann es durchaus als Faustregel nehmen, dass es pro Medikament mindestens drei Generika gibt“, so Baumgärtel. Diese enthalten dann denselben Wirkstoff, aber unterschiedliche Hilfsstoffe. Bei Fragen solle man sich an seinen Arzt oder Apotheker wenden.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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