Alzheimer-Medikament: Studien abgebrochen

Zwei klinische Studien zur Erprobung eines Alzheimer-Medikaments sind wegen fehlender Aussicht auf Erfolg abgebrochen worden. Der getestete Antikörper bremst nicht wie erhofft den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit.

hatte das Unternehmen Biogen am Donnerstag mitgeteilt. Biogen hatte den Wirkstoff Aducanumab seit 2017 gemeinsam mit dem japanischen Pharmaunternehmen Eisai für die Markteinführung getestet. Sicherheitsbedenken hätten für die Beendigung der Studien keine Rolle gespielt. „Ganz schlicht: Es ist ein Desaster für das ganze Feld“, kommentiert Hans-Ulrich Demuth vom Leipziger Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie das Studien-Aus.

Bei den beiden abgebrochenen Studien mit dem Antikörper Aducanumab handelt es sich um recht weit fortgeschrittene, sogenannte Phase-3-Studien. In solchen Zulassungsstudien geht es darum, die Wirksamkeit und Verträglichkeit eines neuen Wirkstoffs im Vergleich zu einem Scheinmedikament zu testen. Vorangegangene Untersuchungen hatten zunächst vielversprechende Ergebnisse geliefert. So berichteten Biogen-Forscher gemeinsam mit Schweizer Wissenschaftlern 2016 im Fachmagazin „Nature“, dass die Antikörper-Therapie Eiweißablagerungen reduziert, die bei Alzheimer-Patienten im Gehirn zu finden sind. Außerdem schien sich die Verschlechterung der geistigen Leistungsfähigkeit zu verlangsamen.

Komplexe Erkrankung

Die Forscher hatten damals Patienten in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung untersucht. Auch in den beiden jetzt abgebrochenen Studien wurden Patienten im Frühstadium mit Aducanumab behandelt. Es sollte unter anderem geprüft werden, inwieweit eine monatliche Antikörper-Dosis den kognitiven Verfall verlangsamt. „Diese Enttäuschung bestätigt die Komplexität der Alzheimer-Behandlung und die Notwendigkeit, das Wissen in den Neurowissenschaften zu erweitern“, sagt Biogen-Geschäftsführer Michel Vounatsos.

Nach Ansicht von Demuth macht es wenig Sinn, laufende Forschungsarbeiten mit Antikörpern gegen die Eiweißablagerungen fortzuführen. „Es ist teuer für die Geldgeber, am Ende enttäuschend für Geldgeber, Angehörige, Pflegende und vor allem die Patienten.“

Aus Irrwegen lernen

Studien deuteten daraufhin, dass eine Therapie gegen Alzheimer schon in einem sehr frühen Stadium beginnen sollte, erläutert Pierluigi Nicotera vom Vorstand des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen. „Wir glauben, dass die Zukunft in einer sehr frühen Behandlung und kombinatorischen Therapien liegen wird.“

Da die Studiendaten noch nicht veröffentlicht seien, lasse sich derzeit nur spekulieren, warum das Medikament nicht ausreichend wirksam war, sagt Richard Dodel, Neurologe an der Universität Duisburg-Essen. "So frustrierend es auch ist, die Hoffnung auf eine wirksame Therapie in greifbarer Zukunft aufgeben zu müssen, so werden uns diese Daten doch weiterbringen. Forschung besteht immer auch aus „trial and error".“

An der Börse führte die Nachricht von der Einstellung der Studien am Donnerstag zu einem Kurssturz der Biogen-Aktien von fast 30 Prozent.

science.ORF.at/APA/dpa

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