Alpen: Bei starker Erwärmung bis 2100 eisfrei

Bis 2050 werden die Alpen-Gletscher durch die Erderwärmung die Hälfte ihrer Masse verlieren – auch wenn die Treibhausgase stark reduziert werden. Steigen die Temperaturen bis 2100 um rund fünf Grad Celsius, werden sie sogar fast vollständig verschwinden, zeigt eine Studie.

Forscher der ETH Zürich und der Schweizer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) nahmen für die im Fachjournal „The Cryosphere“ veröffentlichte Studie die nach ihren Angaben aktuellsten und detailliertesten Schätzungen über die Zukunft der rund 4.000 Gletscher in den europäischen Alpen vor. Sie verwendeten dazu neue Computermodelle und Beobachtungsdaten. Ihre Ausgangsbasis war das Jahr 2017. Damals hatten die Alpen-Gletscher ein Gesamtvolumen von rund 100 Kubikkilometern. Das entspricht 40 Millionen olympischen Schwimmbecken voller Eis, erklärt Studienleiter Harry Zekollari, der mittlerweile an der Delft University of Technology in den Niederlanden arbeitet.

Gornergletscher im Monte-Rossa-Massiv

M. Huss

Gornergletscher im Monte-Rossa-Massiv

Unabhängig von möglichen Klimaschutzmaßnahmen wird sich dieses Volumen bis 2050 jedenfalls in etwa halbieren, heißt es in der bei der Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU) in Wien präsentierten Studie. Ein Grund dafür sei, dass sich der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts stärker bemerkbar machen wird. Zudem würden die Gletscher nur langsam auf Veränderungen reagieren. Derzeit spiegle ihr Volumen vor allem in niedrigeren Lagen noch immer das kältere Klima der Vergangenheit wider.

Eisflächen nur noch in großer Höhe

Der weitere Zustand der Gletscher nach 2050 werde „stark davon abhängen, wie sich das Klima weiter entwickeln wird“, so Zekollari. Sollten die Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt erreichen und dann rasch zurückgehen, würde die zusätzliche Erwärmung am Ende des Jahrhunderts weniger als zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau betragen („ERCP2.6“-Szenario mit begrenzter Erwärmung). In diesem Fall würden die Alpen-Gletscher bis 2100 etwa zwei Drittel ihres derzeitigen Eisvolumens verlieren.

Sollten aber die Emissionen in den nächsten Jahrzehnten ungebremst ansteigen und die Temperaturen rund fünf Grad Celsius über dem vorindustriellem Niveau liegen („RCP8.5“-Szenario), „werden die Alpen bis 2100 weitgehend eisfrei sein“, so Matthias Huss von der ETH Zürich. Nur noch in großer Höhe würde es in diesem Fall einzelne Eisflächen geben, mit einem Volumen von fünf Prozent oder weniger des heutigen Eisvolumens.

science.ORF.at/APA

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