Studie: Besser abends sporteln

Wann ist sportliches Training effektiver: um 8 Uhr in der Früh oder um 6 Uhr am Abend? Wissenschaftler haben Mäuse ins „Fitnessstudio“ geschickt - und eine Verbindung zwischen der inneren Uhr und dem Stoffwechsel entdeckt.

Von der Körpertemperatur bis zur Herzfrequenz – es gibt kaum eine Körperfunktion, die sich nicht nach der inneren Uhr richtet und sich im Laufe von 24 Stunden verändert. So gesehen wäre es nicht sonderlich überraschend, wenn die innere Uhr auch die Leistung des Körpers im Laufe des Tages verändern würde. Einen Hinweis darauf liefert nun ein internationales Forschungsteam.

Versuch: Laufrad mit Gängen

„Im übertragenen Sinn haben wir die Mäuse einfach ins Fitnessstudio gebracht“, erklärt der Studienleiter Gad Asher vom Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel. In diesem Fall war das Sportgerät ein Laufrad, das wie beim Fahrrad unterschiedliche Gänge hatte und demnach leichter oder schwerer in Gang zu setzen war.

Maus im Laufrad

Kaiser/MHH, kaiser.karin@mh-hannover.de

In das Laufrad mussten die Tiere einmal am Mäusemorgen sowie am Mäuseabend und liefen, bis sie erschöpft waren. Anmerkung: Da Mäuse nachtaktiv sind, finden Morgen und Abend für die Nager jeweils entgegengesetzt statt. Das Ergebnis: Die Mäuse liefen vor allem bei mittlerem und leichtem Widerstand um 50 Prozent länger als am Morgen bei derselben Übung. Diese Beobachtung wurde durch einen vergleichbaren Versuch mit Menschen bestätigt.

Abends mehr Energie

Diese begaben sich nicht in ein Laufrad, sondern für eine Stunde auf den Hometrainer. „Menschen kann man nicht so lange Sport machen lassen, bis sie nicht mehr können. Es gibt aber bestimmte Parameter, über die man bestimmen kann, wie belastbar der Körper während des Sports ist“, so Asher.

Neben einer niedrigeren Körpertemperatur und Glukosewerte, deutet vor allem ein niedriger Sauerstoffverbrauch auf eine effizientere Leistung hin. „Wenn man Sport macht, braucht man normalerweise mehr Sauerstoff, da man mehr Energie produzieren muss. Verbraucht man während des Sports weniger Sauerstoff, heißt das, dass man weniger Energie braucht, um dasselbe zu leisten.“ Demnach hatten die 12 Teilnehmer am Abend mehr Energie als am Morgen – auch die Körpertemperatur und der Glukosewert deuteten auf mehr Energie hin.

Männer treten auf dem Hometrainer in die Pedale

GREG WOOD / AFP

Um zu verstehen, ob das tatsächlich mit der inneren Uhr zu tun hat, gingen die Forscher wieder ins Mäuselabor. Hier ließen sie auch Mäuse ins Laufrad, bei denen die innere Uhr ausgeschaltet war. In der Tat gab es bei diesen Mäusen keinen Unterschied zwischen Sport am Morgen und Sport am Abend. „Das ist eines der wichtigsten Erkenntnisse dieser Studie, weil es erstmals nahelegt, dass die innere Uhr vermutlich eine Rolle dabei spielt, wie belastbar der Körper ist“, so der Neurowissenschaftler Asher.

Einblick in den Muskel-Stoffwechsel

Asher und seine Kollegen gingen aber noch einen Schritt weiter, und analysierten auch das Muskelgewebe der Mäuse, um bestimmte genetische Veränderungen sowie unterschiedliche Prozesse im Stoffwechsel nachvollziehen zu können. „Wir fanden in den Muskeln den Metaboliten ZMP, der beim Stoffwechsel gebildet wird.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 19.4. um 12:00

Er ist bekannt dafür, den Stoffwechsel über den Regulator AMPK zu steuern.“ Genauer reguliert AMPK die Fettsäurenoxidation sowie den Glykosegehalt. Beide sind für die Leistungsfähigkeit entscheidend. „Wir sahen, dass es am Abend mehr von diesen Metaboliten im Muskelgewebe gab als am Morgen. Was möglicherweise erklären könnte, weshalb die Mäuse am Abend länger laufen konnten.“

Bekannte Doping-Substanz

Diese Erkenntnis ist durchaus auch für den Menschen bedeutend, so Asher. Denn ZMP ist vergleichbar mit dem Metaboliten AICAR – eine in der Literatur besser erforschte Substanz, die Spitzensportler eingesetzt haben, um ihre Leistung zu steigern. „Vor allem Radfahrer haben AICAR eingesetzt, um damit die Fettsäurenoxidation sowie den Glykosegehalt zu steigern.“ Heute steht das Molekül auf der Liste der verbotenen Substanzen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA.

Noch lässt sich aus der Studie aber nicht mit Sicherheit ableiten, ob es tatsächlich besser ist, am Abend joggen zu gehen oder Beachvolleyball zu spielen. „Es sind noch viele Fragen offen“, so Asher. Unter anderem ist unklar, welche Rolle es spielt, ob man ein Frühaussteher oder eine Nachteule ist. Auch ob Sport am Abend gesünder ist oder besser beim Abnehmen hilft ist, wollen die Forscher in den nächsten Untersuchungen klären.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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