Wie man YouTube grüner macht

Das Streamen von Videos wird immer beliebter, das verschlingt Strom und ist schlecht fürs Klima. YouTube allein verbraucht pro Jahr so viel Energie wie eine europäische Großstadt. Forscher schlagen nun vor, wie man die Plattform klimafreundlicher machen könnte.

Das erste Video wurde 2005 auf YouTube hochgeladen, pro Tag werden mittlerweile weltweit über eine Milliarde Stunden Filme gestreamt, wie das Unternehmen vor zwei Jahren mitteilte.

Ein Team um Chris Preist von der University in Bristol hat sich den “Fall YouTube“ nun genauer angesehen. Laut den Nachhaltigkeitsforschern verbrauchte die Streaming-Plattform im Jahr 2016 knapp 20 Terawattstunden Energie bzw. zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (Anm. diese Einheit rechnet die schädliche Wirkung verschiedener Gase in CO2 um). Das entspricht in etwa dem Wert von Frankfurt und Brüssel bzw. der Hälfte von Wien.

Digitalbranche wächst und damit auch Klimaeffekt

Dass Industrie, Verkehr und Landwirtschaft einen Großteil der klimaschädlichen Emissionen erzeugen, ist hinlänglich bekannt. Die Digitalbranche trägt aber ebenfalls zunehmend bei. 3,7 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes geht auf das Konto der Informations- und Kommunikationstechnologien, hieß es vor Kurzem in einer Studie des französischen Think Tanks „The Shift Project“. Das sei fast doppelt so viel wie der Anteil der zivilen Luftfahrt mit zwei Prozent.

Um die großen Datenmengen anbieten zu können, brauchen Streaming-Plattformen wie YouTube riesige Serverfarmen, deren Betrieb und Kühlung viel Strom verbraucht. Noch weit energiefressender sind laut den Forschern um Preist aber die (zumeist mobilen) Endgeräte der User und die Netzwerke, die sie nutzen.

Das Lied ""Kill This Love" von Blackpink stellte Anfang April einen YouTube-Rekord auf: 100 Mio. Aufrufe in weniger als drei Tagen

Lukas Wieselberg, ORF

Das Musikvideo „Kill This Love“ von Blackpink stellte Anfang April einen YouTube-Rekord auf: 100 Mio. Aufrufe in weniger als drei Tagen

Musikvideos hören statt sehen

Genau hier, beim Nutzerverhalten setzen die Vorschläge der Forscher an, um Energie zu sparen und „digitalen Abfall“ zu vermeiden, wie sie es nennen. So könnte man die User etwa anstoßen, eine schlechtere Übertragungsqualität zu nutzen oder auf die Bilder eines Videos zu verzichten, wenn es eigentlich ohnehin nur um den Ton geht.

Letzteres haben die Forscher genauer untersucht: 27 Prozent des gesamten YouTube-Datenverkehrs kommen durch Musikvideos zustande, wie Analysen zeigen. Was, wenn YouTube eine einfache Möglichkeit anbieten würde, die Videofunktion auszuschalten, und die Musik nur zu hören?

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch Digital.Leben, 6.5., 16:55 Uhr.

Wie viele Menschen ein solches Angebot nutzen würden, ist unbekannt. Die Forscher haben jedenfalls die Wirkung von drei Szenarien durchgerechnet, in denen User verschieden stark auf die Videofunktion bei Musikvideos verzichten würden. Verzichten zehn Prozent, würde das 117.000 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente pro Jahr einsparen, bei 25 Prozent wären es 293.000 Tonnen und bei 50 Prozent 586.000 Tonnen. Im besten Fall entspreche das dem jährlichen Energiebedarf von rund 30.000 Haushalten.

Kooperation mit der BBC

Mit ihrer Studie sei der Klimaeffekt einer einzigen – und vergleichsweise einfachen - Maßnahme bei YouTube erstmals quantifiziert worden, betonen die Forscher. Sie haben ein Werkzeug entwickelt, das auch Grundlage sein könnte für klimafreundliche Designvorschläge anderer Digitalunternehmen. „Sie können damit sehen, wie sich alternative Designs auf CO2-Ersparnisse auswirken, und damit hoffentlich ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern“, fasst Christ Preist die Arbeit zusammen.

Mit der BBC würde bereits eine Partnerschaft bestehen. Gemeinsam mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen Großbritanniens wolle man untersuchen, wie sich der ökologische Fußabdruck im nächsten Jahrzehnt verändert, wenn immer mehr Inhalte übers Internet statt über die traditionelle Ausstrahlung verbreitet werden.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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