Ein Tiefseefisch, der Farben sieht

Bisher ging man davon aus, dass Tiefseefische mehr oder weniger farbenblind sind. Bei einem Silberkopf haben Forscher nun ein erstaunlich ausgefeiltes Farbensehvermögen festgestellt. Das Tier besitzt 38 Gene für das Sehpigment Rhodopsin.

Das Team um Walter Salzburger von der Universität Basel analysierte das Erbgut von 101 Fischarten, darunter viele Tiefseefische, wie die Uni Basel mitteilte. Dabei stießen sie auf den besonderen Fall des Silberkopfs Diretmus argenteus mit seinen 38 Genkopien für Rhodopsine und zusätzlich zwei für andere Opsine. „Damit ist der im Dunkeln lebende Silberkopf das Wirbeltier mit den am Abstand meisten Genen für Sehpigmente“, sagt Salzburger.

Tiefseefisch Silberkopf //Diretmus argenteus//

Pavel Riha, University of South Bohemia, Ceske Budejovice

Tiefseefisch Diretmus argenteus

Die verschiedenen Rhodopsin-Kopien des Silberkopfs weisen kleine Unterschiede auf, wodurch sie auf verschiedene Wellenlängen ansprechen. Das konnten die Forscher durch Computersimulationen und Laborexperimente an Rhodopsin-Proteinen feststellen. Die verschiedenen Versionen des Sehpigments decken dabei den gesamten Wellenlängenbereich des durch Leuchtorgane von Tiefseeorganismen erzeugten Lichts (Biolumineszenz) ab.

Rekordhalter unter Wirbeltieren

Wirbeltiere besitzen bis zu vier Typen von Zapfenzellen in der Netzhaut fürs Farbensehen, in denen verschiedene Sehpigmente (Iodopsine) die Unterscheidung von Licht verschiedener Wellenlängen erlauben. Allerdings funktioniert dies nur bei Helligkeit gut. Die Stäbchenzellen hingegen enthalten nur einen Typ von Sehpigment, Rhodopsin, das deutlich sensitiver auf Hell-Dunkel-Unterschiede reagiert und das Sehen bei wenig Licht erlaubt, aber keine Farbunterscheidung zulässt.

Anders bei einigen der nun untersuchten Tiefseefische: 13 besaßen mehr als ein Gen für Rhodopsin. Mit 38 Rhodopsin-Genen ist der Silberkopf Rekordhalter unter den Wirbeltieren und hat offenbar ein sehr ausgefeiltes, auf Rhodopsin-basierendes Farbensehen entwickelt. Möglicherweise erlauben ihm die verschiedenen Rhodopsin-Versionen, die Biolumineszenz von Beutetieren, Artgenossen und Jägern zu unterscheiden, vermuten die Forschenden. Mit Verhaltensexperimenten prüfen können sie diese Theorie jedoch derzeit nicht. "In jedem Fall helfen unsere Ergebnisse, das gängige Paradigma in Bezug auf die Rolle von Stäbchen- und Zapfenzellen bei der Farbwahrnehmung zu verfeinern.“

science.ORF.at/APA/sda

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