Twitter-Täuschung: Wie Social Bots Debatten kapern

Automatisierte Programme greifen immer häufiger in Onlinediskussionen ein und betreiben auf diese Weise Meinungsmache: Laut einer Studie sind die Social Bots schon so versiert, dass sie bisweilen nicht mehr als Programme erkannt werden.

Das Forschungsteam um Ema Kusen und Mark Strembeck von der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien analysierte im Rahmen ihrer im Fachjournal „Online Social Networks and Media“ erschienenen Studie Daten von insgesamt 1,3 Millionen anonymisierten Twitter-Usern. Die Wissenschaftler wählten insgesamt 4,4 Millionen Tweets zu 24 verschiedenen Ereignissen aus und bewerteten den Emotionsgehalt der Beiträge.

Polarisierende Tweets

Die Diskussionsanlässe reichten von kontrovers geführten US-Wahlen bis zu positiven Ereignissen wie Thanksgiving. Social Bots, die menschliche Präsenz nur vortäuschen, lassen sich in diesem Zusammenhang mittels eigener von Forschern entwickelten Programme mittlerweile gut identifizieren. Stiegen diese in größere Online-Diskussionen ein, versuchten sie oftmals die dort vorherrschende Stimmungslage mit emotional anders gepolten Beiträgen zu drehen.

Die Webadresse von Twitter auf dem Display eines Handys

APA/AFP/FRED TANNEAU

Auch gab es Versuche, Diskussionen mit polarisierenden, aber thematisch gar nicht passenden Tweets zu kapern, indem etwa Pro-Trump-Beiträge in Umgebungen auftauchten, wo es um Thanksgiving ging. Während menschliche Nutzer in der Regel eher der Grundstimmung folgten, zielten die Bots hier also auf Stimmungsumkehr ab, so die Forscher.

“Nicht zu unterscheiden“

In der Direktkommunikation zwischen Menschen und Programmen verfolgten diese aber andere Strategien: Wendeten sie sich direkt an jemanden, taten sie das sehr wohl in der allgemeinen Grundstimmung. „Social Bots sind in der Direktkommunikation anhand der Emotionen, die sie versenden, nicht mehr von Menschen zu unterscheiden“, so Strembeck.

Angesichts der zunehmenden Befürchtungen, dass Social Bots stärker in der Meinungsmache rund um Urnengänge, wie der gestern zu Ende gegangenen EU-Wahl mitmischen, könnten die Ergebnisse „dazu beitragen, Social Bots in Zukunft zuverlässiger zu identifizieren. In verschiedenen Folgestudien, wird nun die Frage zu klären sein, warum sich das Verhalten von Social Bots beim Versand von Broadcast-Nachrichten vom Verhalten bei einer Direktkommunikation unterscheidet“, sagte der Studienautor.

science.ORF.at/APA

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