„Minibagels“ aus der Bronzezeit

Schon vor 3.000 Jahren hat man etwas hergestellt, das stark an kleine Bagels erinnert: Forscher haben prähistorische Getreideringe gefunden. Sie dürften allerdings nicht zum Essen gedacht gewesen sein, sondern könnten rituellen Zwecken gedient haben.

Stillfried an der March (NÖ) gilt als Zentrum der Urzeit. Der Ort blickt auf eine 30.000-jährige ununterbrochene Besiedlung zurück, seit mehr als 130 Jahren werden dort Ausgrabungen durchgeführt. Die archäologischen Funde reichen von Steingeräten und Schmuck von Rentierjägern der späten Eiszeit um 30.000 vor der Zeitenwende bis zu Keramik aus dem späten Mittelalter. Einen Schwerpunkt bilden die Funde des urzeitlichen Handelsplatzes an der historischen Bernsteinstraße.

Prähistorische Getreideringe

APA/ÖAW/OREA/BENEDIKT BIEDERER

Die Getreideringe aus der Bronzezeit

In der späten Urnenfelderzeit, insbesondere vom 10. bis 9. Jahrhundert vor der Zeitenwende war das heutige Stillfried ein zentraler Ort, wo unter der Kontrolle lokaler Eliten Textil- und Metallproduktion stattfand und im großen Stil Getreide in Silogruben gelagert wurde, schreiben die Wissenschaftler um Andreas G. Heiss vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in ihrer in „PLOS ONE“ erschienenen Arbeit schreiben. Insgesamt haben die Archäologen bereits in den Jahren 1969 bis 1989 rund 100 derartige Gruben mit einem Volumen von zwei bis zehn Kubikmeter ausgehoben.

Getrocknete Getreideringe

Unter den in einer Grube entdeckten Objekten fanden sie drei unvollständige verkohlte Ringe, die sich als organisch entpuppten. Sie wurden aus einem Teig aus gemahlener Gerste, Weizen und Wasser hergestellt, aber nicht gebacken, sondern nur getrocknet. Diese Getreideringe mit einem Durchmesser von 2,6 bis 3,6 Zentimeter wurden zusammen mit 14 Ringen und Ringbruchstücken aus Ton gefunden, die als Webstuhl-Gewichte gedient haben könnten. Der insgesamt gute Erhaltungszustand der organischen Ringfragmente deutet darauf hin, dass sie intakt auf dem Boden der Grube gelegt und abgedeckt wurden, schreiben die Wissenschaftler.

In der gleichen Schicht wurden weitere Keramikfunde entdeckt. Dazu zählen etwa ein vertikal halbiertes Gefäß mit kegelförmigem Hals zum Schöpfen von Flüssigkeit, ein stempelartiger Gegenstand, eine Bronzennadel oder ein bearbeitetes Geweihstück. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Teigringe gar keinen kulinarischen Nutzen hatten. Sie vermuten, dass sie die Webstuhl-Gewichte nachahmen sollten und eher nicht für den Verzehr hergestellt wurden. „Dennoch sind die Teigringe auch ein schönes und greifbares Zeugnis der Vielfalt prähistorischer Backkunst, wie man es nur sehr selten findet“, sagt Heiss zur APA.

science.ORF.at/APA

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