Künftiger CO2-Ausstoß gefährdet Klimaziele

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, bedarf es drastischer Schritte. Bestehende Kohlekraftwerke etwa müssten früher geschlossen werden, heißt es in einer neuen Studie.

Es dürften auch keine neuen, aber schon geplanten Kraftwerke und Industrieanlagen in Betrieb genommen werden, die CO2 ausstoßen, schreibt ein Team um Steven Davis von der University of California im Fachblatt „Nature“.

Das Ziel von Paris

Die 2015 in Paris vereinbarten Klimaziele sehen vor, den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum Beginn des Industriezeitalters zu begrenzen. Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden der Weltwetterorganisation (WMO) um etwa ein Grad erwärmt.

Die Jahre 2015 bis 2018 waren der Weltwetterorganisation zufolge die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Geht es weiter wie bisher, leben die Menschen Ende dieses Jahrhunderts wohl in einer gut drei Grad wärmeren Welt. Die Folgen sind kaum absehbar - schon eine Erwärmung um 1,5 Grad hat dramatische Auswirkungen auf Meeresspiegel, Artenvielfalt, Ernten und Wasserversorgung in vielen Regionen.

Kühltürme eines Kraftwerks bei Sonnenaufgang

Marcel Kusch/dpa

200 Prozent zu viel Kohlendioxid

Davis und sein Team berechneten, wie viel CO2 global gesehen ausgestoßen wird, wenn alle bestehenden Anlagen aus dem Kraftwerks- und Industriesektor sowie dem Transportwesen mit ihrer vorgesehenen Laufzeit weiter betrieben werden. Ergebnis: Rund 658 Gigatonnen CO2 würden freigesetzt. Beziehen die Forscher geplante oder in Bau befindliche Kraftwerke und Industrieanlagen mit ein, kommen sie sogar auf rund 846 Gigatonnen.

Um das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent zu erreichen, dürfen laut Weltklimarat aber nur noch rund 420 Gigatonnen in die Atmosphäre geblasen werden. Die Organisation geht davon aus, dass eine globale Erwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052 erreicht ist, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher.

Keine weiteren Kohlekraftwerke

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass neue CO2-ausstoßende Infrastruktur praktisch keinen Platz hat, wenn die internationalen Klimaziele erfüllt werden sollen“, sagt Co-Autor Steven Davis. Stattdessen müssten bestehende Kraftwerke und Industrieanlagen früher stillgelegt werden, sofern sie nicht mit Technologien nachgerüstet werden können, um Kohlendioxid (CO2) gar nicht erst auszustoßen. Emissionen könnten auch ausgeglichen werden, indem CO2 aus der Atmosphäre geholt werde. Solche Techniken sind aber bisher noch nicht breit einsetzbar.

„Wenn das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden soll, dann muss Mitte des Jahrhunderts bereits CO2-Neutralität erreicht werden“, erklärt Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin, die nicht an der Studie beteiligt war. „Das heißt, dass wir dann jede Tonne CO2, die in die Atmosphäre entlassen wird, auch wieder herausholen müssen.“ Besser sei es, gar nicht erst weitere Kohlekraftwerke zu bauen.

"Der („Nature"-)Artikel bestätigt, dass uns die Zeit davonrennt“, kommentiert der Klimaexperte Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute in Köln. Da der Klimaschutz in den letzten zehn Jahren zu langsam vorangekommen sei, müsse jetzt kräftig nachgeholt werden. „Eine Welt ohne Kohle, Öl und Gas ist möglich. Immer mehr Länder, Bundesstaaten, Städte und Unternehmen setzen sich solche Ziele.“

science.ORF.at/dpa

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