Die ungelösten Rätsel des Mondes

Die Gesteinsproben vom Mond, die „Apollo 11“ vor 50 Jahren zur Erde gebracht hat, konnten viele Fragen beantworten. Doch einige Rätsel sind noch immer ungelöst, etwa die Entstehung des Erdtrabanten - das könnte eine erneute Mondlandung ändern.

Bevor die Besatzung der „Apollo 11“ erste Gesteinsproben vom Mond auf die Erde brachte, gab es allerhand Theorien zu seiner Entstehung. Nach der Abspaltungstheorie etwa wäre der Mond ein „Tropfen“, den die zähflüssige, schnell rotierende Protoerde abgeschieden hätte. Die Einfangtheorie wiederum besagte, dass sich Erde und Mond in weit entfernten Ecken des Sonnensystems entwickelten und die Erde den Mond schließlich bei einer Begegnung mit ihrer Gravitation einfing. Theorien, die längst verworfen wurden - nicht zuletzt wegen der Erkenntnisse, die der Mondlandung vor 50 Jahren folgten.

Die Erde geht über dem Mond auf: Aufnahme von "Apollo 11"

NASA

Die Erde geht über dem Mond auf: Aufnahme von „Apollo 11“ im Juli 969

Erde und Mond sind Zwillinge

Denn die Gesteinsproben, die „Apollo 11“ und die sechs Nachfolgemissionen sammelten, zeigten: Erdkruste und Mondoberfläche sind ident. Es handle sich um Zwillinge, die zu 99,99 Prozent gleich seien, sagt der Astrophysiker Ben Moore von der Universität Zürich. Er geht diesem Rätsel in seinem Buch „Mond. Eine Biografie“ (Verlag Kein&Aber) Schritt für Schritt auf den Grund.

Ö1-Sendungshinweise:

Die „Dimensionen“ kehren in der vierteiligen Serie „Lunar Loop“ auf den Mond zurück, geben einen Überblick über aktuelle Erkenntnisse und einen Ausblick auf künftige Forschungsvorhaben: 15.7. bis 18.7., 19.05 Uhr.

Wegen der Analysen der Gesteinsproben entwickelte sich langsam aber sicher die Kollisionstheorie. Eine großartige Theorie, wie Ben Moore sagt. Ihrzufolge kollidierte ein Mars-großer Planet, den die Wissenschaft Theia nennt, vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren mit der Protoerde. Ein Brocken wurde aus der jungen Erde herausgeschlagen: der Mond, der von nun an die Erde begleitete. Eine Theorie, die fast alles erkläre, sagt Moore.

Sie habe nur einen Haken: In den Mondgesteinsproben habe man bis dato nichts gefunden, das auf den Himmelskörper hinweist, mit dem die Erde kollidiert sein soll. Das große Rätsel sei also die Ähnlichkeit von Erde und Mond, sagt Moore. Neue Gesteinsproben des Mondes könnten hier wichtige Hinweise liefern. „Proben von der Mondoberfläche, von den Polen und der Rückseite, sowie aus tieferen Gesteinsschichten wären von sehr großem Interesse für die Astrophysik“, sagt Moore.

Mit ihnen könnte man nicht nur die Entstehungsgeschichte des Mondes weiter erforschen, sondern vielleicht auch mehr über das Magnetfeld des Mondes und seine innere Struktur erfahren. Die Proben könnten vielleicht auch Hinweise geben, warum es auf der Rückseite des Mondes keine Spuren vulkanischer Aktivitäten gibt, anders als auf der für die Erde sichtbaren Seite. Dort gibt es auch tektonische Aktivitäten, wie eine Studie im Fachblatt „Nature Geoscience“ vor Kurzem zeigte. Die dunklen Flecken, diese Seen aus basaltischer Lava, gibt es auf der Rückseite des Mondes nicht. Warum, ist bis dato ein Rätsel.

Künstlerische Darstellung des Einschlags von Theia auf der Protoerde

NASA/JPL-Caltech

Künstlerische Darstellung des Einschlags von Theia auf der Protoerde

Neue Kollisionstheorie bestätigen

Auch über die Wasservorkommen in den Kratern am Südpol des Mondes, in die niemals ein Sonnenstrahl gelangt, gibt es nur Mutmaßungen. Der Ursprung dieses Wassereises ist unbekannt. Vielleicht befinde sich dieses Wasser schon seit viereinhalb Milliarden Jahren dort, meint Moore. Könnte der Astrophysiker eine Bestellung für die nächste Mondmission aufgeben, würde er Proben dieses Wassers anfordern und Gesteinsbrocken aus dem Inneren des Mondes.

Davon erhofft sich seine eigene Theorie über die Entstehung des Mondes bestätigen zu können. Zehntausend rechnerische Simulationen auf dem Supercomputer der Universität Zürich hätten Moore und sein Team auf eine andere Fährte gebracht, eine neue Kollisionstheorie: Zwei gleich große Planeten, jeder mit der halben Masse der Erde, kollidierten und formten einen Planeten. Die neu geformte Erde drehte sich schnell und beförderte Material der äußersten Schicht in den Orbit, woraus der Mond entstand. Eine Theorie, die erklären könnte, warum Mond und Erde ident sind, ist Moore überzeugt.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu dem Thema: