Warum Läufer die Arme abwinkeln

Die meisten Menschen winkeln beim Laufen die Arme ab und lassen sie beim Gehen hängen. Zweiteres hat einen guten Grund, es kostet weniger Energie – das zeigen Experimente; beim Laufen gibt es mehrere Theorien.

Egal ob der Mensch geht oder läuft – wenn er sich aufrecht vorwärts bewegt, schwingen die Arme meist mit, in der Regel gegenläufig. Tests mit Freiwilligen ergaben, dass man dabei weniger Kraft braucht – nämlich etwa um ein Zehntel - als wenn man versucht, die Arme ganz ruhig an der Seite zu halten. Am meisten Energie kostete es, parallel zu den Beinen zu schwingen. Wie die Forscher in der dazu 2009 erschienenen Studie schreiben, wird beim gegenläufigen Schwung die Auf-und-Ab-Bewegung abgefedert – im Laufen genauso wie im Gehen.

Japanische Marathonläuferin

FRED DUFOUR / AFP

Die meisten Profis laufen mit abgewinkelten Armen

Wie kommt es aber, dass die allermeisten Menschen beim Gehen die schwingenden Arme einfach hängen lassen, während sie sie beim Laufen abwinkeln? Diese Frage stellte sich Andrew K. Yegian von der Harvard University, als er etwas Ungewohntes beobachtete: eine Person, die mit hängenden Armen über den Campus joggte. Zuvor war er sich mehr oder weniger sicher gewesen, dass gestreckte bzw. abgewinkelte Arme für die jeweilige Fortbewegungsart optimal sein würden. Auch Laufexperten empfehlen in der Regel, die Unterarme ungefähr im rechten Winkel zu den Oberarmen zu halten. Das stabilisiere und helfe beim Schwung holen – so zwei der häufig gehörten Ratschläge.

Kosten und Nutzen

Um die Armhaltung und ihre Auswirkungen zu untersuchen, hat Yegians Team nun Freiwillige in das Harvard University Skeletal Biology and Biomechanics Lab gebeten. Acht Studierende, die regelmäßig laufen, wurden ausgestattet mit Reflektoren an den Gelenken auf ein Laufband geschickt und gefilmt: Einmal mussten sie in gleichbleibendem Tempo (1,4 Meter pro Sekunde) gehen, einmal gleichmäßig laufen (drei Meter pro Sekunde); die Haltung der Arme wurde dabei variiert. Zwei Wochen später hat man die Experimente wiederholt.

Die Studie

”Straight arm walking, bent arm running: gait-specific elbow angles”, Journal of Experimental Biology, 9.7.2019

Dabei wurde einerseits die Mechanik der Bewegungsabläufe genau analysiert. Denn es koste zwar Aufwand, die Arme zu beugen. Aber sie werden dadurch auch kürzer und weniger träge, sie können also leichter schwingen. Das könnte besonders beim Laufen hilfreich sein, wenn die Arme häufig vor- und zurückschwingen. Um den Sauerstoffverbrauch zu messen und daraus den Energieverbrauch zu berechnen, trugen die Probanden spezielle Atemmasken.

Energiesparend gehen

Die Experimente konnten bestätigen, dass es tatsächlich am energiesparendsten ist, beim Gehen die Arme einfach baumeln zu lassen – man verbraucht etwa elf Prozent weniger Energie als mit angewinkelten Armen. Beim Laufen hingegen fanden die Forscher bei keiner der beiden Varianten einen klaren Vorteil.

Dennoch sei es gut möglich, dass das Laufen mit hängenden Armen nicht einfach nur eigenartig aussieht, sondern tatsächlich Nachteile hat, schreiben die Autoren. Vielleicht sind die Auswirkungen der gebeugten Armhaltung einfach recht klein, sodass sie in dieser kleinen Stichprobe und den kurzen Laufstrecken nicht deutlich wurden. Möglicherweise zeigen sich die energetischen Vorteile auch erst bei höherem Tempo. Aber auch abseits vom Energieverbrauch könnte die Haltung nützlich sein: Die abgewinkelten Arme könnten den Kopf stabilisieren oder die Erschöpfung der Schultermuskulatur hinauszögern, was besonders auf der Langstrecke hilfreich sei.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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