Alge kommt mit giftigen Industriemetallen gut zurecht
Für die im „Journal of Plant Physiology“ erschienene Studie wurde Martin Niedermeier, Pflanzenforscher an der Universität Salzburg, vor Kurzem ausgezeichnet.
Füllen fast die Hälfte des Körpers
Strontium und Barium kommen vorwiegend aus der Industrie, wie etwa der Medizintechnik in die Umwelt, erklärte Niedermeier, der die Arbeit im Labor von Ursula Lütz-Meindl am Fachbereich Biowissenschaften der Uni Salzburg durchgeführt hat, im Gespräch mit der APA. Für biologische Organismen sind die beiden Metalle schädlich, weil sie dem lebenswichtigen Element Kalzium sehr ähneln. Sie werden oft irrtümlich statt diesem aufgenommen und stören den Kalziumhaushalt, der unter anderem für das Wachstum essenziell ist.
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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.8., 13:55 Uhr.
Die „Micrasterias“ (griechisch: kleines Sternchen) Algen von der Lungauer „Überlingalm“, wo die Universität eine Forschungsstation hat, konnten aber in Laborversuchen mit großen Mengen an Barium und Strontium zurechtkommen, wie Niedermeier herausfand.
Im Lichtmikroskop sah er Kristalle, die teils fast die Hälfte der rund einen Viertel Millimeter kleinen Algenzellen ausfüllten. Mit viel stärker vergrößernden Elektronenmikroskopen und der Hilfe seiner Wiener Kollegin Notburga Gierlinger am Raman-Mikroskop (damit wird die Streuung von Licht an Teilchen gemessen und dadurch zum Beispiel ihre Kristallizität bestimmt) identifizierte er diese Riesenkristalle als Bariumsulfat- und Strontiumcitrat-Anlagerungen.
Gifte sind nicht aus der Welt
Auf diese Art können die Algen die beiden Giftstoffe quasi in einer internen Deponie entsorgen. Die im Vergleich zu ihrer Größe riesigen Kristalle behindern sie zwar im Wachstum und bei der Energiegewinnung durch Sonnenlicht (Photosynthese), verringern aber kaum ihre Überlebenschancen, berichtet Niedermeier mit Kolleginnen in dem Fachartikel.
Aus der Welt sind die Industriegifte damit freilich nicht, so Lütz-Meindl: Wenn zum Beispiel ein Käfer oder Wurm die Alge frisst, der dann von einem Vogel verspeist wird, können die beiden Elemente wieder aus den Kristallen in die Umwelt gelangen. Für die Arbeit erhielt Niedermeier den „Fritz Grasenick Preis“ der Österreichischen Gesellschaft für Elektronenmikroskopie (ASEM).
science.ORF.at/APA