Tiroler Firma will bis 2022 Quantencomputer anbieten

Die theoretischen Grundlagen stammen aus der Wissenschaft, nun soll es auch ein Fall für die Praxis werden: Ein Tiroler Unternehmen will bis ins Jahr 2022 einen Quantencomputer zur Marktreife bringen.

An dem Unternehmen Alpine Quantum Technologies GmbH (AQT) beteiligen sich die Forschungsförderungsgesellschaft FFG und der Universität Innsbruck mit insgesamt zehn Mio. Euro, hieß es am Donnerstag beim Tiroler Technologiebrunch im Vorfeld der Alpbacher Technologiegespräche.

20 Quantenbits

Die theoretische und experimentelle Basis für den Quantencomputer wurden in Zusammenarbeit mit Quantenphysikern der Uni Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) entwickelt. Diese enge Kooperation werde es ermöglichen, „den wissenschaftlichen Vorsprung Europas bei den Quantentechnologien auch in einen kommerziellen Vorsprung Europas umzumünzen“, erklärte Rainer Blatt, einer der drei Quantenphysiker, der gemeinsam mit Peter Zoller und Thomas Monz vor zwei Jahren die AQT gegründet hat, in einer Aussendung.

Technologiegespräche Alpbach

Von 22. bis 24. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion.

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Einzelne in Ionenfallen gehaltene Atome, die mit Lasern manipuliert werden können, gelten als vielversprechendes Grundkonzept für die Realisierung praktikabler Quantenbits. Auf deren Basis sollen Quantencomputer künftig ihr volles Potenzial entfalten und bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen können als klassische Rechner.

Zunutze macht man sich dabei die besonderen Gesetze der Quantenphysik. „Wenn ein herkömmlicher Computer zum Nachbarn will, muss er rundherum um den Zaun, der Quantencomputer kann einfach über den Zaun steigen“, erklärte Monz die anderen Rechenregeln.

Zwei Quadratmeter

Der neue Quantencomputer soll laut Monz statt bisher einen ganzen Raum von ungefähr 16 Quadratmetern Fläche nun in handelsüblichen 19-Zoll-Computerschränken, in dem Fall auf gut zwei Quadratmetern, Platz finden. „Wir bieten unseren Kunden aus der Industrie die Möglichkeit, mit konzeptionellen Testprogrammen zu arbeiten. So können sich deren Mitarbeiter bereits frühzeitig für die Arbeit mit Quantencomputern qualifizieren und positionieren“, sieht Monz eine Chance in Industriekooperationen.

„Wir haben schon Anfragen aus den Bereichen Chemie, Finanz und Logistik, beispielsweise für die Katalysatoren-Entwicklung“, sagte Monz, der damit rechnet, "in ein, zwei Jahren schon interessante Ergebnisse zu haben.

Für den kommerziellen Bau der Geräte will man so weit wie möglich auf österreichischen Zulieferfirmen setzen. „Wir sind äußert positiv überrascht, wie viele kleine Spezialisten wir in Tirol und Österreich haben“, so Monz.

Zehn Mio. Euro durch FFG und Uni Innsbruck

Für die Entwicklung des kommerziellen Quantencomputers durch das vor zwei Jahren gegründete Spin-off-Unternehmen der Universität Innsbruck investiert die FFG fünf Mio. Euro aus Mitteln der Nationalstiftung für Forschung und Technologieentwicklung. Die Uni bringt fünf Mio. Euro über die Leistungsvereinbarung mit dem Bildungsministerium ein, wobei die Beteiligung von der Uni-Holding gemanagt wird.

Die Finanzierung sei Pionierarbeit gewesen, sei es doch darum gegangen, wie die öffentliche Hand in ein Unternehmen investiert, sagte die FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth. Es habe sich aber die Frage gestellt, ob die Quantenphysik „wieder ein Bereich ist, wo Österreich Top in der Grundlagenforschung ist und es doch nicht schafft, das zu kommerzialisieren“.

Die Finanzierungsrunde folgt laut Standortagentur Tirol einer bestehenden Beteiligung durch die IVT Privatstiftung der Industriellenvereinigung Tirol für eine Anschubfinanzierung sowie einer PreSeed-Finanzierung durch die Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws). Das Marktvolumen für kommerzielle Quantencomputer liege bei einer Milliarde Euro bis 2020, mit Wachstumsraten zwischen 20 und 35 Prozent jährlich.

science.ORF.at/APA

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