Wildtiere: Illegaler Handel unterschätzt

Mit knapp jeder fünften Wirbeltierart wird illegal Handel betrieben – das zeigt eine neue Studie. Das sind deutlich mehr als angenommen. Der Wildtierhandel ist eine der größten Gefahren für die Tierwelt und könnte in Zukunft Tausende weitere Arten bedrohen.

Jährlich werden mit dem Handel von Wildtieren zwischen acht und 21 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Das macht ihn zu einem der größten illegalen Geschäftszweige weltweit. Manche Tiere werden als Haustiere verkauft, z.B. Reptilien. Andere werden als Produkte vermarktet, etwa für medizinische Zwecke. Das Schuppentier zum Beispiel ist in Ostasien wegen seines Fleisches und seiner Schuppen sehr gefragt. Durch die hohe Nachfrage wurde die Anzahl der in Asien lebenden Exemplare in nur zwei Jahrzehnten jedoch so stark reduziert, dass nun ein naher Verwandter, das afrikanische Schuppentier, zum Ziel von Wilderern geworden ist.

Reisfink auf einem Markt in Indonesien

Gabby Salazar

Reisfinken auf einem Markt in Indonesien

Einige Tierarten wurden durch den illegalen Wildtierhandel bereits komplett ausgerottet, z.B. das Java-Nashorn in Vietnam (Annamitisches Java-Nashorn). Das letzte seiner Art wurde im Jahr 2010 wegen seines Horns erschossen. Die Forscher um Brett Scheffers von der University of Florida haben nun untersucht, mit welchen Tierarten auf der Welt gehandelt wird und wo der illegale Wildtierhandel besonders stark verbreitet ist. Das Resultat: Von mehr als 31.500 bekannten Wirbeltierarten wird weltweit mit rund 5.600 Spezies Handel betrieben. Das entspricht knapp jeder fünften Tierart. Das Ergebnis übersteigt vorherige Schätzungen um bis zu 60 Prozent.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen war es den Experten nun möglich, eine Liste von Tierarten zu erstellen, die in Zukunft vom illegalen Handel mit hoher Wahrscheinlichkeit bedroht werden. Die Liste umfasst rund 3.200 Spezies, die aktuell noch nicht als gefährdet gelten.

Die Epizentren des Wildtierhandels

Wie die Forschungsergebnisse zeigen, wird auf allen Kontinenten illegal mit Tieren gehandelt. Die Experten konnten zudem Epizentren des Wildtierhandels in tropischen und subtropischen Zonen identifizieren. Dazu gehören Südamerika, Zentral- und Südostafrika, das Himalaya-Gebiet, Südostasien und Australien.

Die Epizentren des illegalen Wildtierhandels (Säugetiere)

Scheffers et al. 2019 Science

Die Epizentren des illegalen Wildtierhandels für Säugetiere (Grafikausschnitt)

Der illegale Handel mit Wildtieren kann dabei zu großen Problemen in anderen Ökosystemen führen. Durch das Einschleppen von fremden Arten können zum Beispiel Krankheiten auf heimische Tiere übertragen werden, gegen die sie selbst keine Abwehrkräfte entwickelt haben. Außerdem können sich manche Arten in fremden Gebieten sehr rasch ausbreiten und dort lebende Tiere vertreiben.

Rechtzeitig handeln

Um zu verhindern, dass die Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten weiter anwächst, fordern die Experten, dass nicht nur akut gefährdete Arten geschützt werden. Auch die Tierarten, die laut den Forschungsergebnissen in Zukunft gefährdet sein könnten, müssten intensiv beobachtet werden. Sie fordern höhere Strafen für Händler und Käufer und eine genauere Überwachung durch internationale Organisationen wie die Weltnaturschutzunion. Dem illegalen Wildtierhandel müsse, so die Forderung der Wissenschaftler, aktiv und nicht reaktiv begegnet werden.

Raphael Krapscha, Ö1-Wissenschaft

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