Wie Musik kranken Neugeborenen hilft

Wenn Neugeborene krank sind oder im Brutkasten liegen, ist das eine Extremsituation für alle Beteiligten. Neben der medizinischen Versorgung kann Musiktherapie helfen, das Baby und die Eltern zu stabilisieren.

Viele der jungen Patientinnen und Patienten auf der Säuglingsstation am Wiener AKH sind Frühgeburten. Häufige haben sie Probleme mit der Atmung, einen Herzfehler, Untergewicht oder die Organe sind noch nicht voll entwickelt. Diesen Kindern, aber auch deren Eltern bietet die Musiktherapeutin Leslie Schrage-Leitner ihre Unterstützung an.

Sie spielt ruhige und leise Akkorde auf der Gitarre oder singt und summt am Bett des Frühchens, das verkabelt im Brutkasten liegt. Im besten Fall bessern sich plötzlich die Werte des Babys am Monitor, manchmal hält das rund 15 Minuten an, erzählt Leslie Schrage-Leitner.

Frühgeborenes Baby auf der Intensivstation

Armin Weigel/dpa

Frühchen auf der Intensivstation

Musiktherapie bei Säuglingen führt im Schnitt zu früheren Entlassungen und bei Eltern wird der Stress und die Angst gelindert, berichtet Thomas Stegemann, Kinder- und Jugendpsychiater und Musiktherapeut sowie Leiter der Ausbildung für Musiktherapie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien. Er verweist auf aktuelle Studienergebnisse, etwa von Forschern des Norwegischen Wissenschaftszentrums (NORCE) aus dem Jahr 2016.

Weniger Stress

„Die Sauerstoffsättigung steigt, die Herzfrequenz geht nach unten, also letztlich hat die Musiktherapie eine stressreduzierende, stabilisierende Wirkung auf das vegetative Nervensystem des Säuglings, die direkt an den Monitoren ablesbar ist“, meint Stegemann.

Veranstaltungshinweis:

Leslie Schrage-Leitner und Thomas Stegemann präsentieren ihre Arbeit und ihre Forschungen im Rahmen der Konferenz Medical Humanities – Interactions between Medicine and the Arts, die derzeit in Wien stattfindet.

Aber auch der Beziehung zwischen Eltern und Kind kann die Musiktherapie helfen, erklärt Thomas Stegemann. Die Eltern würden animiert, gemeinsam zu singen oder zu summen – „in einer Umgebung, in der man alleine vielleicht gar nicht auf die Idee käme, weil man so eingeschüchtert ist von der ganzen Technik um einen herum.“ Durch das Singen oder Musizieren würde auch die Eltern-Kind Bindung gestärkt, was in der Umgebung einer Intensivstation am Anfang des Lebens ebenfalls erschwert ist.

Derzeit arbeiten Leslie Schrage - Leitner und Thomas Stegemann an einer Langzeitstudie zur Wirkung von Musiktherapie auf Säuglinge. Sie möchten herausfinden, wie sich diese auf die gesundheitliche Entwicklung der Kinder, aber auch das Befinden der Eltern auswirkt – bis zu drei Jahren nach der Geburt.

Hanna Ronzheimer, Ö1-Wissenschaft

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