Der rasche Tod auf der Insel
Nach Einschätzung der Wissenschaftler sind die Mammuts auf der Insel 150 Kilometer nördlich der sibirischen Küste nicht wegen langfristiger Klimaveränderungen, sondern infolge eines plötzlichen Szenarios ausgestorben. „Vielleicht ist Regen auf Schnee gefallen und gefroren, so dass sie kein Futter mehr fanden“, sagt der Paläobiologe Hervé Bocherens vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment der Universität Tübingen.
Die Studie
”Thriving or surviving? The isotopic record of the Wrangel Island woolly mammoth population”, Quaternary Science Reviews, 15.10.2019
Denkbar sei auch, dass auf der Insel ankommende Menschen etwas mit dem Aussterben der riesigen Pflanzenfresser zu tun gehabt hatten. Bocherens zufolge deuten Knochenfunde darauf hin, dass Tiere und Menschen dort gleichzeitig gelebt haben könnten. Möglicherweise habe sich auch die Qualität des Trinkwassers verschlechtert.
Abgeschottet vom Festland
Mammuts haben sich während der vergangenen Eiszeit vor 100.000 Jahren auf der nördlichen Halbkugel ausgebreitet. Infolge der Erderwärmung vor 15.000 Jahren schrumpften ihre Lebensräume, zudem hat der Mensch die Tiere gejagt. Die Giganten starben aus noch nicht ganz geklärten Gründen aus - nur auf der Wrangelinsel überlebte eine Kolonie zunächst. Der steigende Meeresspiegel schottete die heute zu Russland gehörende Insel vom Festland ab.
Juha Karhu
Vor 4.000 Jahren - während die Menschen etwa in Ägypten schon gesellschaftliche Hochkulturen entwickelt und Pyramiden gebaut hatten - starben auch die Mammuts auf der Insel aus. Auf der Suche nach den Ursachen untersuchten das internationale Forscherteam die Atomsorten (Isotope) von Knochen und Zähnen der Mammuts. Diese verglichen sie mit solchen von früher ausgestorbenen Artgenossen aus Alaska und Sibirien. Bei den Exemplaren der Insel-Mammuts fanden sie keine Hinweise auf allmählich veränderte Umweltbedingungen oder Ernährung.
Lektion für die Gegenwart
„Auf der Insel waren die Mammuts komplett isoliert und geschützt vor der Klimaveränderung“, sagt Bocherens. Dort sei es vorwiegend kalt und trocken geblieben, der Boden habe viele Gräser zum Fressen geboten. Doch mit nicht mehr als 300 Tieren war die letzte Mammuthorde laut Bocherens auch so klein, dass ein plötzliches Ereignis sie komplett auslöschen konnte - und damit die gesamte Art. Auf ein plötzliches Aussterben hatten zuvor auch Genanalysen der Mammutreste eines schwedisch-russischen Teams auf der Wrangelinsel hingedeutet.
Bocherens interpretiert die Ergebnisse auch als Lektion für die Gegenwart. Seinen Angaben nach gibt es inzwischen viele Tierarten, die isoliert leben. Sie besonders gefährdet, durch extreme Umwelteinflüsse oder menschliches Verhalten auszusterben.
science.ORF.at/APA/dpa