„Magnetische Wand“ im interstellaren Raum

Vor einem Jahr ist die Raumsonde „Voyager 2“ in den interstellaren Raum eingetaucht. Jetzt haben Forscher die Messdaten dieser Passage unter die Lupe genommen – und eine „magnetische Wand“ im Weltraum entdeckt.

Unsere Sonne bläst einen kontinuierlichen Teilchenstrom ins All. Dieser heiße Sonnenwind hat eine große Blase im interstellaren Gas ausgehöhlt, die Heliosphäre. Sie endet dort, wo der Druck des dünnen, heißen Sonnenwinds dem des dichteren und kühleren lokalen interstellaren Mediums gleicht. Die Schwerkraft der Sonne reicht noch viel weiter in den interstellaren Raum hinein, so dass auch dort noch ferne Asteroiden und Kometen unseres Systems kreisen.

Unterwegs seit 1977

Als die beiden Sonden „Voyager 1“ und „Voyager 2“ vor mehr als 40 Jahren gestartet wurden, „hatten wir keine Vorstellung, wie groß die Blase ist, die die Sonne in das interstellare Medium eingeschnitten hat“, erläuterte „Voyager“-Chefwissenschaftler Edward Stone vom California Institute of Technology in einer Pressekonferenz zu den neuen Datenanalysen. Die entsprechenden Studien – fünf an der Zahl – sind nun im Fachblatt „Nature Astronomy“ erschienen.

Raumsonde "Voyager 2"

NASA/JPL/Caltech

„Voyager 2“ an der Schwelle zum interstellaren Raum

Beide Raumsonden haben die Grenze der Heliosphäre nun in fast gleicher Distanz passiert: „Voyager 1“ in etwa 121 Astronomischen Einheiten, „Voyager 2“ in rund 119. Eine Astronomische Einheit ist die Entfernung der Erde von der Sonne. Das deutet auf eine symmetrische Kugelform der Heliosphäre hin, zumindest auf einer Seite. Denn beide Sonden haben dieselbe Halbkugel der Heliosphäre durchquert und sie schräg in Flugrichtung unseres Sonnensystems verlassen, das sich durch die Galaxis bewegt.

Markante Grenze im Weltraum

„Voyager 2“ hat die Grenze der Heliosphäre in nur einem Tag passiert, was einen scharfen Übergang zum lokalen interstellaren Medium bedeutet. „Die alte, historische Vorstellung, dass der Sonnenwind sich einfach allmählich reduziert, je weiter man in den interstellaren Raum vordringt, trifft nicht zu“, erläuterte „Voyager“-Forscher Don Gurnett von der Universität von Iowa, Ko-Autor einer der Analysen. „Wir haben mit ‚Voyager 2‘ und vorher mit ‚Voyager 1 gezeigt, dass es dort draußen eine ausgeprägte Grenze gibt.“

Zuvor war „Voyager 2“ durch eine etwa 1,5 Astronomische Einheiten dicke Grenzregion geflogen, wo der Sonnenwind langsamer wird und sich staut. Anders als „Voyager 1“ hat die Schwestersonde dabei keine Bereiche beobachtet, in denen interstellares Material in die Heliosphäre eindringt. Stattdessen entdeckte „Voyager 2“ eine Art „magnetische Wand“, die ein Eindringen energiereicher, elektrisch geladener Teilchen aus dem interstellaren Raum in die Heliosphäre reduziert und die „Voyager 1“ nicht bemerkt hatte.

Bugwelle der Heliosphäre?

Erste Messungen jenseits der Grenze zeigen zudem, dass die Temperatur des lokalen interstellaren Mediums mit 30.000 bis 50.000 Grad merklich höher liegt als die erwarteten 15.000 bis 30.000 Grad. Die Forscher spekulieren, dass die Heliosphäre eine Bugwelle durch das interstellare Medium vor sich herschieben könnte.

Heliosphäre und die Voyager-Sonden

NASA/JPL-Caltech

Position der Sonden im Oktober 2018

Den „Voyager“-Sonden wird allerdings voraussichtlich die Energie ausgehen, bevor sie eine solche Bugwelle erreichen und vermessen könnten. Stone schätzt, dass die radioaktiven Batterien noch etwa fünf Jahre reichen. „Als die beiden ‚Voyagers‘ gestartet wurden, war das Weltraumzeitalter erst 20 Jahre alt“, sagte der Planetenforscher. „Niemand hat erwartet, dass sie 40 Jahre halten würden.“

Die „Voyagers“ hatten 1977 im Abstand weniger Tage ihre „große Tour“ durchs äußere Sonnensystem begonnen und in den folgenden Jahren die Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun besucht. „Voyager 1“ war bereits hinter dem Saturn nach Norden abgebogen, „Voyager 2“ nach dem Besuch des Neptun Richtung Süden. Nach Jahrzehnten haben sie nun die Grenze der Heliosphäre passiert und sind damit auf dem Weg zu den Sternen.

„Die beiden ‚Voyagers‘ werden die Erde überdauern“, betonte William Kurth von der Universität von Iowa, Ko-Autor einer der Fachartikel. „Sie sind in ihren eigenen Umlaufbahnen um die Galaxie für fünf Milliarden Jahre oder mehr. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf irgendetwas stoßen, ist nahezu null.“

science.ORF.at/dpa

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