Banker: Gar nicht so unehrlich

Banker sind unehrlicher als andere – das ergab eine Studie vor einigen Jahren. Eine aktuelle Untersuchung widerspricht. Das könnte daran liegen, dass sich die Unternehmenskultur seither geändert hat - oder an der Aufmerksamkeit, die der Originalstudie zuteil wurde.

Gierig und nur auf den eigenen Vorteil bedacht - nach der Finanzkrise vor zehn Jahren war das Image von Banken und ihren Mitarbeitern nachhaltig beschädigt. 2014 hat dann sogar eine Studie bestätigt, dass es sich dabei wohl nicht nur um Vorurteile handelt. In einem Experiment agierten die Angestellten einer internationalen Bank tatsächlicher unehrlicher als andere Probanden. Dabei ging es darum, eine digitale Münze zu werfen, bei jedem Wurf konnten man 20, maximal 200 US-Dollar gewinnen.

Da die Banker unbeobachtet waren, konnten sie ohne Konsequenzen schummeln. Vor dem Spiel wurde einem Teil ihre berufliche Identität ins Bewusstsein gerufen, die anderen sollten an ihre Freizeit denken. Die an ihren Beruf Erinnerten verhielten sich deutlich unehrlicher als die „Freizeitgruppe“, d.h. ihre Münzwürfe wichen häufig von der erwarteten Zufallsverteilung ab. Laut den Forschern lag das allerdings weniger an den handelnden Personen selbst als an der herrschenden Kultur der Branche.

100er und 200er Euro-Banknoten Geld

APA/Hans Punz

Womöglich hat sich die Kultur seitdem aber bereits geändert. Das könnte zumindest ein Grund dafür sein, warum die Forscherinnen und Forscher um Zoe Rahwan vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung nun daran gescheitert sind, dass damalige Studienergebnis zu replizieren.

Sie haben die Experimente für eine soeben in „Nature“ erschienene Studie mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus drei Weltgegenden wiederholt: aus dem mittleren Osten, aus Asien-Pazifik und aus Europa. Zwar waren die auf ihre Profession hingewiesenen Banker auch dieses Mal eine Spur unehrlicher, der Effekt sei aber nicht signifikant, so die Autoren. Das lege nahe, dass sich die Ergebnisse der Originalstudie nicht generalisieren lassen, d.h. nicht für alle Bankmitarbeiter weltweit zutrifft. Das abweichende Ergebnis könnte unter anderem mit der jeweiligen Unternehmenskultur oder mit nationalen Besonderheiten zu tun haben.

Angst vor negativen Ergebnissen

Wie die Autorinnen und Autoren einräumen, könnte es auch an den nunmehrigen Teilnehmern bzw. an deren Auswahl liegen. Insgesamt hatten sie weltweit 27 Banken kontaktiert, aber nur zwei Geschäftsbanken (und keine einzige Investmentbank) waren bereit, ihren Angestellten eine Teilnahme zu ermöglichen - vermutlich aus Angst vor negativen Ergebnissen. Das wiederum könnte sogar mit der Originalstudie selbst zu tun haben – das vermuten übrigens auch die Autoren derselben, wie das Team um Michel Maréchal von der Uni Zürich in einem ebenfalls im aktuellen „Nature“ veröffentlichten Kommentar zur Studie ausführt.

Hand mit 50 Euro-Scheinen (Bankangestellter hinter Glas)

New Africa - Adobe Stock

Die Arbeit zu den „unehrlichen“ Bankern hatten damals – nicht zuletzt aufgrund der noch nicht allzu lange zurückliegenden Finanzkrise – weltweit sehr viel mediale Aufmerksamkeit erhalten. Viele Banken hätten jetzt unter Umständen Angst, dass ihre Schwächen im Rahmen einer solchen Forschungsarbeit sichtbar werden. Wenn daher jetzt nur Mitarbeiter von völlig tadellosen Finanzinstituten an Experimenten teilnehmen, sei das neue Ergebnis auch kein Widerspruch zur ursprünglichen Arbeit, wo betont wurde, dass das unehrliche Verhalten nichts mit den Menschen selbst zu tun hat, sondern vielmehr mit der Unternehmenskultur der Branche. Viele Teilnehmer der damaligen Studie waren zudem Investmentbanker und nicht nur einfache Bankangestellte.

Laut Rahwan und Co. könnte aber noch ein weiterer Faktor zu den abweichenden Ergebnissen beigetragen haben: Nach der Finanzkrise gab es sehr viele Bemühungen, das Image des angeschlagenen Sektors von Grund auf zu erneuern. Internationale und nationale Regulierungen sollen unfaire Verhaltensweise und daraus folgende wirtschaftliche Instabilitäten möglichst verhindern. Es könnte also auch sein, dass die Unternehmenskultur in den meisten Banken heute tatsächlich eine andere ist als noch vor wenigen Jahren.

Eva Obermüller, science.ORF.at

Mehr zum Thema