Kipppunkte näher als angenommen

Klimaforscher warnen davor, dass Kipppunkte im Erdsystem schneller erreicht werden und die globale Erwärmung dadurch noch drastischer ausfallen könnte. Das Risiko solcher unumkehrbaren Veränderungen sei womöglich unterschätzt worden.

Die Autoren um Hans Joachim Schellnhuber und Johan Rockström vom deutschen Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verweisen in dem in „Nature“ veröffentlichten Artikel unter anderem auf neuere Erkenntnisse zur Destabilisierung der Eisschilde rund um Nord- und Südpol sowie des Amazonas-Regenwalds. Sie warnen zudem vor bisher möglicherweise unterschätzten Kettenreaktionen und Rückkopplungen zwischen Ökosystemen.

Dafür gibt es nach ihrer Ansicht erste Hinweise - etwa in der Form, dass der Eisverlust der Arktis die Erwärmung der Region verstärkt, was wieder den Eisverlust fördert. Das schnellere Abschmelzen der Gletscher auf Grönland könne wiederum wichtige Atlantik-Meeresströmungen stören, was Folgen für den Monsun in Westafrika und die Feuchtigkeit des Amazonas-Beckens mit seinen Regenwäldern haben kann.

„Planetarer Notfallzustand“

„Wissenschaftlich gesehen ist dies ein starker Beleg für einen planetaren Notfallzustand“, erklärt Rockström anlässlich der Veröffentlichung. Schellnhuber warnte vor einem „unheilvollen Weg in die Erwärmung“, der mit Kipppunkten „gepflastert“ sei. Einige seien womöglich schon überschritten. Die Gruppe internationaler Wissenschaftler forderte in ihrem Kommentar energische Gegenmaßnahmen. Die Stabilität des gesamten Erdsystems sei in Gefahr.

Kipppunkte sind ein Risiko, das in der Wissenschaft im Zusammenhang mit dem Klimawandel seit Langem thematisiert wird. Darunter werden Prozesse verstanden, die sich beim Überschreiten bestimmter Schwellenwerte unumkehrbar immer weiter fortsetzen und die Erwärmung weiter beschleunigen - unabhängig von allen dann noch getroffenen Maßnahmen.

science.ORF.at/APA/AFP

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