Die Astrohighlights des Jahres

Mondmissionen, Planetenjäger und das erste „echte“ Bild eines Schwarzen Lochs: 2019 ist aus astronomischer Sicht ein aufregendes Jahr gewesen. Die beiden Astronomen Anneliese Haika und Stefan Wallner lassen die Sensationen Revue passieren.

Anneliese Haika und Stefan Wallner

privat

Über die Autoren

Anneliese Haika ist AHS-Lehrerin und Mitglied der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. Stefan Wallner ist Astronom an der Universität Wien.

Das erste astronomische Highlight stellte sich bereits am 1. Jänner ein. Im Sommer 2015 hatte „New Horizons“ mit den ersten Nahaufnahmen der Oberfläche des Pluto Schlagzeilen gemacht. Nun lieferte die NASA-Sonde neue, faszinierende Bilder – diesmal von dem noch ferneren Kuipergürtelobjekt 2014 MU69. Der Kuipergürtel ist eine weite Zone außerhalb der Neptunbahn, in der Tausende Himmelskörper vermutet werden. Nur ein kleiner Teil ist bisher bekannt.

Daher waren die Nahaufnahmen von „Arrokoth“ (so der offizielle Name des Objekts) von besonderem Interesse. Der dunkle, leicht rötliche Weltraumbrocken ist 35 Kilometer lang und besteht aus zwei Teilen, die vermutlich bereits seit der Frühzeit des Sonnensystems aneinanderhaften. Zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs war „Arrokoth“ etwa 6,6 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt.

Nobelpreis für Physik

Der Nobelpreis für Physik ging 2019 an Astronomen aus zwei verschiedenen Fachbereichen. Michel Mayor und Didier Queloz erhielten eine Hälfte des Preises für die Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten um einen sonnenähnlichen Stern im Jahr 1995. Mit dem Nachweis dieses Planeten um den Stern „51 Pegasi“ wurde nicht nur ein völlig neuer Zweig der Astronomie begründet, sondern auch unser Bild vom Universum grundlegend verändert. Bis heute sind bereits über 4.000 Exoplaneten bekannt.

Der Kosmologe James Peebles erhielt die andere Hälfte des heurigen Physiknobelpreises. Bereits Mitte der 60er Jahren trug der Kosmologe maßgeblich zur Erforschung der Entstehung und Entwicklung des Universums bei. Seine grundlegenden Theorien wurden immer wieder durch Beobachtungen bestätigt, und seine Arbeit hat die Kosmologie von einem spekulativen Fachbereich zu einer Wissenschaft gemacht. Besonders verdient gemacht hat er sich um die Erforschung und Interpretation des kosmischen Mikrowellenhintergrundes – der ersten Strahlung, die etwa 400.000 Jahre nach dem Urknall freigesetzt wurde.

Der Mond im Fokus

Nicht nur das 50-jährige Jubiläum der Apollo-11-Mission mit der ersten Landung eines Menschen auf dem Mond rückte den Erdtrabanten in den Mittelpunkt des Interesses. Die chinesische Sonde „Chang’e 4“ schwenkte im Dezember 2018 in einen Orbit um den Mond ein. Am 3. Jänner 2019 setzte eine Landesonde mit Rover im Südpol-Aitken-Becken auf. Es war die erste erfolgreiche Landung auf der erdabgewandten Seite des Mondes. Der Rover untersucht seitdem an verschiedenen Stellen den Mondboden, der in diesem Gebiet eine deutlich andere Zusammensetzung aufweist als die besser untersuchte Mondoberfläche auf der erdzugewandten Seite.

Die chinesische Sonde „Chang’e 4“, die am 3. Jänner 2019 auf der Rückseite des Mondes gelandet ist, aufgenommen vom Roboterfahrzeug "Yutu-2"

APA/AFP/China National Space Administration

„Chang’e 4“

Zwei weitere Nationen versuchten ebenfalls, Landesonden auf dem Mond abzusetzen, allerdings mit weniger Erfolg. Im April schlug die israelische Mondlandesonde „Beresheet“ hart auf dem Mond auf. Trotzdem wird die Sonde nicht als völliger Misserfolg angesehen, denn durch sie erfuhr das israelische Weltraumprogramm einen starken Aufschwung. Die indische Sonde „Chandrayaan-2“ schwenkte im August in die Mondumlaufbahn ein. Während der Orbiter plangemäß funktioniert, stürzte die Landesonde im September ab. Somit verfehlte nach Israel auch Indien das Ziel, als vierte Nation eine Sonde weich auf dem Mond zu landen.

Schwarze Löcher sorgen für Rekorde

Das spektakulärste Bild des Jahres bot den ersten direkten visuellen Nachweis für ein supermassereiches Schwarzes Loch. Die Messungen dazu wurden bereits 2017 mit einem erdumspannenden Netzwerk aus acht Radioteleskopen gemacht. Es dauerte zwei Jahre, die enormen Datenmengen dieses „Ereignishorizontteleskops“ auszuwerten.

Das Bild zeigt den Schatten des Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie M87, der von einer Scheibe aus heißer Materie umgeben ist. Mit 6,5 Milliarden Sonnenmassen gehört dieses Schwarze Loch zu den massereicheren seiner Art. Der Schatten wird durch die Gravitationskrümmung und den Einfang von Licht durch den Ereignishorizont verursacht. Das Schwarze Loch selbst bleibt unsichtbar.

Erstes Bild eines Schwarzen Lochs

EHT Collaboration

Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien gibt es in ganz verschiedenen Größen: Während jenes im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße, mit ca. 4,3 Millionen Sonnenmassen eher bescheiden wirkt, wurde im Dezember dieses Jahres der neue Rekordhalter ermittelt. Im 700 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen Abell 85 sitzt eine Galaxie mit einem zentralen Schwarzen Loch von 40 Milliarden Sonnenmassen. Vermutlich entstand der Riese durch die Verschmelzung von zwei Galaxien.

Umstrittenes „Starlink“-Projekt

2019 begann wohl eine der in Fachkreisen umstrittensten Satellitenmissionen, das „Starlink“-Projekt. Das Ziel des vom Raumfahrtunternehmen SpaceX gebauten Netzwerks ist es, bis 2027 insgesamt 12.000 Satelliten in einem niedrigen Erdorbit auszusetzen – und somit die Basis für das Hochgeschwindigkeitsinternet zu schaffen. Der Start weiterer 30.000 Satelliten wurde bereits beantragt. Dabei werden jeweils 60 Satelliten in kontinuierlich stattfindenden Weltraumflügen aus Florida in einen Orbit von ca. 550 km Höhe gebracht.

Die Megakonstellation erntete schnell Kritik unter Astronomen. So musste die Europäische Weltraumbehörde (ESA) im September 2019 ein Ausweichmanöver mit dem Satelliten „Aeolus“ starten, um eine mögliche Kollision mit einem der „Starlink“-Satelliten auszuschließen. Es wird befürchtet, dass solche Manöver mit der wachsenden Zahl an „Starlinks“ alltäglich werden.

Weiters besteht die Befürchtung, dass die Konstellation sichtbare Spuren am Nachthimmel hinterlässt, war die erste Serie an Satelliten doch deutlich am Himmel sichtbar und auf einigen visuellen Aufnahmen als Störfaktor zu erkennen. Wie groß das tatsächliche Problem des „Starlink“-Projekts sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls noch nicht eingeschätzt werden. Bisher sind erst 122 der 12.000 geplanten Satelliten im Orbit.

Highlights am Taghimmel

Gleich zwei Highlights bot der taghelle Himmel im Laufe des Jahres. So fand am 2. Juli 2019 eine totale Sonnenfinsternis statt, welche in weiten Teilen des südlichen Pazifischen Ozeans und Südamerika sichtbar war.

Das Spektakel, bei dem sich der Mond zwischen Erde und Sonne schiebt und so einen Schatten auf die Erdoberfläche wirft, wurde besonders bei den Großteleskopen der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile mitverfolgt. In der Atacama-Wüste fanden sich Tausende Menschen ein, um das Naturschauspiel zu beobachten. In Österreich konnten Interessierte die Finsternis als Liveübertragung mitverfolgen. Die nächste partielle Sonnenfinsternis, die in Österreich beobachtet werden kann, findet erst am 10. Juni 2021 statt.

Ein Phänomen, welches hingegen in Österreich zu sehen war, war der Merkur-Transit am 11. November 2019. Bei diesem Ereignis schiebt sich der sonnennächste Planet Merkur in die Sichtlinie zwischen Erde und Sonne und wird als winziger schwarzer Punkt auf der hellen Scheibe sichtbar. Auch hier besteht durchaus etwas Wartezeit auf den nächsten Durchgang am 13. November 2032.

Mission mit österreichischer Beteiligung

Am 18. Dezember 2019 startete eine Sojus-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana, welche das Weltraumteleskop CHEOPS (Characterising Exoplanets Satellite) in eine polare Umlaufbahn brachte. Wie der Name bereits verrät, ist das Hauptziel, bekannte Exoplaneten, also Planeten die um andere Sterne als unsere Sonne kreisen, hochpräzise zu vermessen und genauer zu analysieren.

Sojus-Rakete beim Start

ESA

So lassen sich zum Beispiel Planetenmassen, Größen sowie deren Zusammensetzung genauer bestimmen. Die Steuersoftware, Computerhardware sowie Stromversorgung des Satelliten wurden von verschiedenen Institutionen in Österreich hergestellt. Rund dreieinhalb bis fünf Jahre soll die Lebensdauer betragen und unser Wissen über Exoplaneten grundlegend erweitern.

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