Warum Schlafmangel zu Heißhunger führt

Die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür und damit die Zeit, in der man schon einmal bis spät in die Nacht feiert. In der Früh ist die Lust auf Süßes oder Fettiges dann oft groß. US-Forscher haben nun herausgefunden, warum.

Nach einer zu kurzen Nachtruhe macht sich bei vielen Heißhunger bemerkbar. Mit einem Experiment wollte das Team um Surabhi Bhutani von der San Diego State University nun klären, warum das eigentlich so ist. Dabei durften 29 Testpersonen jeweils nur vier Stunden in einer Nacht schlafen. In der Früh griffen die unausgeschlafenen Personen öfter beim Snack-Buffet zu als ihre ausgeschlafenen Kollegen.

Bei anschließenden Untersuchungen wurden bei den Testpersonen größere Mengen einzelner Endocannabinoide nachgewiesen. Wie die Forscherinnen und Forscher in „eLife“ berichten, war z. B. der Spiegel des Botenstoffs 2-Oleoylglycerin (2-OG) nach der kurzen Nachtruhe messbar erhöht. Endocannabinoide sind an der Regulierung von Appetit und Essverhalten beteiligt. Wolfgang Lalouschek, Facharzt für Neurologie am Wiener Gesundheitszentrum „The Tree“ erklärt, was das bedeutet: „Wenn unter Schlafmangel vermehrt solche Stoffe ausgeschüttet werden, kann das dazu führen, dass eine erhöhte Essneigung besteht, wie wir sie ja auch beim Cannabis-Konsum kennen.“

Empfänglich für verlockende Gerüche

Auch der Geruchssinn der Testpersonen veränderte sich nach der kurzen Nachtruhe. So konnten die Forscher messen, dass der piriforme Cortex – die Region der Hirnrinde, die Informationen aus der Nase zuerst erhält – stärker auf Essensgerüche reagierte als im ausgeschlafenen Zustand. „Unser Gehirn verbindet verlockende Essensgerüche mit energiereicher Nahrung. Nach einer zu kurzen Nacht brauchen wir Energie. Deshalb reagiert das Geruchssystem wahrscheinlich stärker auf solche Gerüche“, meint der Neurologe Lalouschek, der nicht an der Studie beteiligt war.

Außerdem konnten die US-Forscher messen, dass bei den Testpersonen weniger Informationen mit anderen Bereichen des Gehirns ausgetauscht wurden – etwa mit dem Inselcortex. Dieser verarbeitet zum Beispiel allgemeine Informationen zu Geruchs- und Geschmacksreizen und zum Völlegrad des Magens.

Die Studie zeigte: Je schlechter der piriforme Cortex mit dem Inselcortex kommunizierte, desto größer war der Anstieg des Botenstoffs 2-OG und desto stärker veränderte sich die Snackwahl der Testpersonen.

Impulse nicht unter Kontrolle

Die schlechtere Kommunikation zwischen den Hirnregionen wirke sich aber nicht nur direkt auf das Essverhalten aus, hält der Neurologe Lalouschek fest, sondern auch auf die allgemeine Impulskontrolle. So könnte eine ausgeschlafene Person dem morgendlichen Heißhunger wahrscheinlich widerstehen. Nach einer zu kurzen Nachtruhe falle das schwerer.

Zu beobachten sei das etwa bei Patienten mit chronischem Schlafmangel, erklärt Lalouschek: „Man weiß, dass diese Menschen wesentlich häufiger an Übergewicht leiden, weil sie durch diese Störung der Impulskontrolle häufiger zu ungesundem Essensverhalten neigen.“ Die Studienergebnisse könnten neue Ansätze für die Bekämpfung von Übergewicht möglich machen.

Noch ein kleiner Tipp für die Weihnachtsfeiertage: Nach einer schlaflosen Nacht lieber einen großen Bogen um den duftenden Keksteller machen!

Raphael Krapscha, Ö1-Wissenschaft

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