Die Ausbeutung hinter dem Feuerwerk

Ein Silvester ohne Knaller und Raketen? Für viele unvorstellbar. Doch Menschenrechtsorganisationen empfehlen beim Kauf von Feuerwerkskörpern zurückhaltend zu sein - denn die Produktionsbedingungen können extrem gefährlich sein.

Feuerwerkskörper manuell zu erzeugen ist brandgefährlich. Regelmäßig kommt es in diesen Fabriken zu größeren Bränden und Explosionen. Erst Anfang Dezember starben Medienberichten zufolge sieben Menschen bei einer Explosion in einer Feuerwerksfabrik in der chinesischen Provinz Hunan, 13 weitere Arbeiterinnen und Arbeiter wurden verletzt.

Arbeitskraft günstiger als Maschinen

Mehr als 80 Prozent aller Feuerwerksraketen, Knaller und Böller weltweit stammen aus China. Wie gefährlich die Produktion ist, hat die Schweizer Hilfsorganisation Solidar Suisse gemeinsam mit einer Gewerkschaft in Hongkong untersucht. In China gibt es zwar Fabriken, die auf Maschinen setzen und automatisiert produzieren, menschliche Arbeitskraft sei aber nach wie vor billiger, sagte Simone Wasmann von Solidar Suisse.

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Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal, 28.12., 12.00 Uhr.

In diesem Industriezweig würden sehr niedrige Löhne bezahlt und Überstunden nicht abgegolten. Weil es sich um ein saisonales Metier handle, mit der Hochsaison vor dem Jahreswechsel, kämen in diesen Monaten viele Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter hinzu, die die Gefahren der Produktion nicht einschätzen könnten, so Wasmann. Die Arbeitssicherheit sei also ein großes Problem.

Feuerwerkfabrik in der chinesischen Provinz Hunan

AP Photo/Eugene Hoshiko

Feuerwerksfabrik in der chinesischen Provinz Hunan

Kettenreaktion führt zu Explosion

Die Arbeiterinnen und Arbeiter hantieren mit Brandsätzen wie Schwefel, Schwarzpulver und Aluminiumpulver, mit Metallsalzen wie Barium, Kupfer, Magnesium und Strontium. Wegen fehlender Sicherheitsvorkehrungen werden Chemikalien eingeatmet bzw. die Haut auf den Händen damit verätzt. Außerdem ist die Explosionsgefahr in den Hallen hoch.

„Es gibt theoretisch Regeln, dass nur eine gewisse Anzahl von Arbeiterinnen und Arbeiter in einer Fabrikshalle arbeiten darf, dass sich dort nur bestimmte Mengen Sprengstoff befinden dürfen und dass Mindestabstände zwischen den Fertigungsplätzen eingehalten werden müssen“, berichtete Wasmann. Doch diese arbeitsrechtlichen Vorgaben würden oft nicht eingehalten. „Weil die Arbeiter so dicht stehen, löst ein kleiner Vorfall eine Kettenreaktion aus, und es kommt dann gleich zu einem riesigen Unfall“, so Wasmann weiter.

Immer noch Unfälle und Todesopfer

Interventionen von Menschenrechtsorganisationen dürften die Situation zumindest ein wenig verbessert haben. In China und Indien, wo sich auch große Feuerwerkskörperfabriken befinden, sind heute keine Kinder mehr beschäftigt - das war bis vor einigen Jahren gang und gäbe. Auch die Zahl der Unfälle ist rückläufig: Bis 2005 starben jedes Jahr etwa 400 Arbeiterinnen und Arbeiter bei Explosionen in Fabriken. Eine Gesetzesänderung in China habe die Situation verbessert, gefährlich sei die Produktion jedoch nach wie vor, so Wasmann.

Die Recherche von Solidar Suisse ergab, dass es zwischen 2015 und 2018 zu 19 größeren Unfällen mit 92 Toten und 141 Verletzten kam. Für die Konsumentinnen und Konsumenten in Europa sei es schwierig, die Produktionsbedingungen richtig einschätzen zu können, sagte Wasmann. Die Schweizer Hilfsorganisation sieht die Verantwortung deshalb vorrangig bei den europäischen Importeuren, die den Druck auf die chinesischen Produzenten erhöhen und bessere Arbeitsbedingungen einfordern müssten.

Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft

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