Das Wichtigste zum Coronavirus

Das neue Coronavirus (2019-nCoV) breitet sich weiter aus, mehrere 100.000 Menschen könnten sich laut Studien in China in den nächsten Tagen infizieren. Im Folgenden Antworten auf die sieben wichtigsten Fragen zu der Epidemie.

Wird sich das Virus weiter verbreiten?

Das ist wahrscheinlich, obwohl die chinesische Regierung mit drastischen Maßnahmen versucht das zu verhindern. Auf Pre-Print-Servern wie BioRxiv und MedRxiv, auf denen wissenschaftliche Publikationen ohne fachliche Begutachtung hochgeladen werden können, gibt es erste Modellberechnungen zum weiteren Verlauf der Epidemie. Nach einer Prognose werden bis 4. Februar rund 200.000 Menschen alleine in Wuhan infiziert sein, dem Ursprungsort des Virus. Auch in Städten wie Peking und Shanghai wird es demnach zu größeren Ausbrüchen der Krankheit kommen, aber nur ein Bruchteil davon auch offiziell identifiziert werden. Auch eine andere Studie geht davon aus, dass das neue Coronavirus leichter übertragen wird als das SARS-Coronavirus. Dem verwandten SARS-Virus, das seinen Weg ebenfalls in China begann, fielen 2002/2003 weltweit an die 800 Menschen zum Opfer. Sollten die vorliegenden Daten korrekt sein, löst das neue Virus aber weniger Krankheiten aus als SARS.

Wie erfolgt die Übertragung?

Die Übertragung des neuartigen Coronavirus passierte - wie bei anderen Coronaviren - von Tier zu Mensch. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen hat das Virus seinen Ursprung im Huanan Seafood-Großhandelsmarkt, einem Markt für Meeresfrüchte in Wuhan und wurde offenbar von Fledermäusen auf Schlangen und dann auf den Menschen übertragen, wie Ursula Wiedermann-Schmidt, die Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der MedUni Wien erklärte. Auf diesem Markt wird mit lebenden und frisch geschlachteten Tieren gehandelt, auch Schlangen werden in China gegessen. Der Markt wurde bereits Anfang des Jahres von den chinesischen Behörden geschlossen. Die genaue Herkunft des Virus ist aber noch unklar. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist laut WHO nachgewiesen. Inzwischen gibt es laut Wiedermann-Schmidt vermehrt Anzeichen, dass eine Ansteckung auch während der Inkubationszeit, die bis zu 14 Tagen betragen kann, möglich ist.

Wodurch ist das Coronavirus gekennzeichnet?

Da die Gensequenz des neuen Virus früh von Wissenschaftlern bestimmt und öffentlich zugänglich gemacht wurde, ist bekannt, dass es sich bei dem neuen Erreger um ein Beta-Coronavirus handelt, das genetisch zu über 80 Prozent mit dem SARS-Coronavirus übereinstimmt. Die Familie der Coronaviren umfasst zahlreiche mit einer Hülle umgebene Viren mit einem Genom aus einer Einzelstrang-RNA. Sie sind genetisch sehr variabel und können verschiedene Wirtsorganismen befallen. Das seit 2012 bekannte MERS-Coronavirus, wird vor allem auf der arabischen Halbinsel über Dromedare sporadisch auf Menschen übertragen und kann bei den Betroffenen ebenfalls lebensbedrohliche Pneumonien verursachen.

Kleine Kinder tragen in Hongkong Schutzmasken gegen das Coronavirus

APA/AFP/Anthony Wallace

Kinder in Hongkong tragen Schutzmasken

Wie gefährlich ist das Virus?

Nach dem bisherigen Wissensstand ist das Virus nicht nur weniger pathogen als SARS, sondern auch weniger tödlich. Die Sterblichkeitsrate, also der Anteil der Todesfälle innerhalb einer bestimmten Population von erkrankten Menschen im Verlauf der Krankheit, „liegt nach jetzigem Wissensstand für 2019-nCoV unter einem Prozent, also deutlich unter der von SARS und MERS (bis 13 Prozent) – sofern die chinesischen Kollegen, die wichtige Ergebnisse international bisher umgehend publiziert haben (z.B. hier und hier), die Wahrheit wiedergeben“, sagt Clemens Wendtner, Leiter der Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen der Klinik Schwabing in München. „Allerdings wissen wir auch, dass es durchaus noch einen Shift hin zu ‚Super-Spreadern‘ mit höherer ‚Case Fatality Rate‘ und daher verlängerten Infektionsketten geben kann. Dann müssten wir alle die vorsichtig optimistische beziehungsweise zumindest für Europa eher entwarnende Einschätzung ändern und anpassen.”

Welche Symptome gibt es?

Laut WHO löst das neue Virus Atembeschwerden, Fieber und Husten aus. In schwereren Fällen kann es eine Lungenentzündung verursachen, und zu Nierenversagen und zum Tod führen. Todesfälle traten bisher vor allem bei Patienten auf, die bereits zuvor an schweren Grunderkrankungen litten bzw. älter waren. Die Coronavirus-Erkrankungen, auch jene, die jetzt in Europa festgestellt wurden, sind alle mit Reisen nach Wuhan etc. in China in Verbindung zu bringen. Da in Österreich derzeit eine Grippewelle herrscht, muss abgeklärt werden, ob ein Kontakt mit dem neuen Coronavirus überhaupt möglich gewesen sein kann. Empfohlen wird, sich im Fall eines Verdachts in Österreich an die Rettung zu wenden oder an Ärzte bzw. Allgemeinmediziner. Auch bei der „Gesundheits-Hotline“ unter der Telefonnummer 1450 bekommt man Informationen.

Wie kann man sich schützen?

Um generell die Ausbreitung von Infektionskrankheiten der Atemwege zu vermeiden, sollte besonders in Regionen mit Fällen des neuartigen Coronavirus auf gute Händehygiene geachtet werden und die Husten- und Nies-Etikette sowie Abstand zu Erkrankten eingehalten werden. In Anbetracht der herrschenden Grippewelle sind diese Maßnahmen derzeit aber überall und jederzeit angeraten. Eine Impfung wird wohl nicht vor 2021 erhältlich sein. Eine rasche Weiterverbreitung innerhalb der EU wird bei der Einhaltung von krankenhaushygienischen Maßnahmen und entsprechender Kontaktnachverfolgung derzeit als gering eingestuft, hieß es vom Gesundheitsministerium.

Besteht in Österreich Grund zur Sorge?

Nein, wie mehrere Experten, etwa der medizinische Direktor des Wiener KAV, Michael Binder und auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonen. „Wir können der weiteren Entwicklung mit professioneller Gelassenheit entgegenblicken“, sagte Binder am Sonntag. Die Spitäler seien gut gerüstet, Pläne - die im Fall der Grippe ohnehin laufen - seien aktiv. Die internationale Zusammenarbeit zwischen den Institutionen funktioniere sehr gut, so Anschober am Sonntag. Die WHO hatte vergangene Woche auf Anraten eines unabhängigen Notfall-Ausschusses keine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ erklärt.

science.ORF.at/APA

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