Studie: Doppelt so viel Lebensmittelverschwendung

Pro Jahr landen weltweit Hunderte Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall. Wie viel genau, ist auch eine Frage der Berechnung. Eine neue Methode kommt zum Schluss, dass doppelt so viele Lebensmittel weggeworfen werden wie bisher angenommen.

Niemand kann die tatsächliche Menge genau feststellen, denn sonst müsste hinter jedem Mistkübel weltweit ein Kontrollor mit einer Waage stehen. Um das Ausmaß weggeworfener Lebensmittel zu schätzen, braucht es deshalb Rechenmodelle. Die meistzitierte Zahl stammt von der Welternährungsorganisation (FAO). Sie geht davon aus, dass weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen werden – rund ein Drittel aller Lebensmittel überhaupt.

Ein Forschungsteam um Monika van den Bos Verma von der Universität Wageningen hat nun eine neue Messmethode entwickelt und hält die FAO-Zahlen für stark untertrieben. Während die UNO-Organisation schätzt, dass pro Tag und Kopf 214 Kilokalorien als Lebensmittelabfall entsorgt werden, sind es laut der neuen Studie 527, also mehr als doppelt so viel.

Wohlstand erzeugt Abfall

Die FAO habe für ihre Berechnung lediglich das Nahrungsangebot herangezogen und das Verbraucherverhalten vernachlässigt, kritisieren die Forscherinnen und Forscher in ihrer Arbeit, die am Mittwoch in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“ erschienen ist.

Abfall in Österreich

In Österreich landen laut einer Publikation des Ökologie-Instituts jährlich 756.700 Tonnen Lebensmittel im Abfall. 491.000 Tonnen davon gelten als vermeidbar, die Mengen aus Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Großhandel sind nicht inbegriffen.

Dabei hänge die Menge weggeworfener Lebensmittel stark mit dem Wohlstand zusammen. Menschen in ärmeren Ländern vergeuden laut den Forscherinnen weniger Essen. Ab Aufwendungen von 6,7 US-Dollar für Lebensmittel pro Tag steigt der Lebensmittelabfall mit zunehmenden Ausgaben aber rapide. Erst ab einem höheren Wohlstandsniveau flacht diese Entwicklung ab - laut Studie etwa bei Ausgaben von 25 US-Dollar für Lebensmittel pro Tag. Es seien vor allem wohlhabende Länder für einen Großteil der Abfälle verantwortlich, ärmere Länder hingegen weniger als in den bisherigen Modellen.

„Modell noch weiterentwickeln“

Den methodischen Ansatz der Studie findet der Agrarökonom Martin Quaim von der Georg-August-Universität Göttingen interessant. „Da es international wenig gute Messungen über die tatsächliche Menge weggeworfener Lebensmittel gibt, können statistische Schätzmodelle helfen, die globale Größenordnung des Problems schrittweise besser zu erfassen.“

Die Präzision der Schätzungen sollte laut dem an der Studie nicht beteiligten Forscher aber nicht überbewertet werden. Und: „Wichtige andere Einflussgrößen wie Bildung, Nachhaltigkeitsbewusstsein und kulturelle Unterschiede im Lebensstil sind im Modell nicht berücksichtigt“, so Quaim. Es sollte deshalb weiterentwickelt „und mit Messdaten aus verschiedenen Ländern validiert werden“.

Tobias Brossmann, Lukas Wieselberg, Ö1-Wissenschaft

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