Attraktivität

Forscher testen Liebestrank

Am heutigen Valentinstag widmet sich auch die Wissenschaft der Liebe. Britische Forscher haben 33 Männern das Pubertätshormon Kisspeptin verabreicht – und herausgefunden: Es wirkt betörend.

Eidechsen, Kalbsgehirn, Taubenblut. Solche Zutaten wurden Liebestränken in der Antike beigefügt, als erfahren in der Zubereitung galten die thessalischen Frauen. In deren Rolle sind nun Wissenschaftler des Imperial College London geschlüpft, freilich mit einigen methodischen Adaptierungen. Statt für Kalbsgehirn und Taubenblut interessiert sich der britische Endokrinologe Waljit Dhillo für Hormone, vor allem für eine Substanz namens Kisspeptin.

Betörende Wirkung

Der Botenstoff wurde 2003 in der Krebsforschung entdeckt, mit Küssen hatten die Erstbeschreiber zunächst wenig im Sinne, der Name leitet sich vielmehr von einer in den USA beliebten Süßigkeit ab, den Hershey’s Kisses.

Einige Jahre später stellte sich heraus, dass Kisspeptin eine entscheidende Rolle bei der Einleitung der Pubertät spielt. Aber auch bei Erwachsenen verfehlt es seine Wirkung nicht, wie Dhillo nun in einem Experiment nachweist: Das Hormon erhöht offenbar die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau.

Flirt: Frau und Mann blicken einander auf der Straße nach
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Die Anziehungskraft ist hormonell steuerbar

Wie die Londoner Forscher im Fachblatt „JCI Insights“ berichten, verabreichten sie 33 gesunden Männern eine Dosis Kisspeptin (zur Kontrolle auch eine Salzlösung), legten ihnen dann Fotos von Frauen vor – und baten sie um eine Bewertung. Fazit: Mit Kisspeptin im Blut fühlten sich die Probanden tatsächlich stärker zu den Frauen hingezogen, das bestätigten auch Hirnscans: „Neuronen-Netzwerke, die mit Attraktivität zu tun haben, wurden durch die Hormonwirkung erregt“, sagt Dhillo im ORF-Interview.

Sex-Studie soll folgen

In Versuchsrunde zwei verwendeten die britischen Forscher ein in der Hirnforschung bereits erprobtes Parfum (Chanel No. 5) als Reiz, das Ergebnis war im Wesentlichen das Gleiche. Unter dem Einfluss von Kisspeptin waren die Probanden auch hier leichter betören. „Wir haben bei allen eine Veränderung festgestellt. Interessanterweise reagierten Probanden mit geringer Libido am stärksten“, sagt Dhillo. Das nährt Hoffnungen, dass Kisspeptin für therapeutische Zwecke eingesetzt werden könnte, etwa bei sexuellen Störungen. Im Prinzip ließe sich das Liebesleben – gefahrlose Anwendung vorausgesetzt – auch ohne medizinischen Anlass ein bisschen aufpeppen.

Ob die Substanz direkt in die Erregung eingreift, ist allerdings noch unklar. Das will der britische Forscher in seiner nächsten Studie herausfinden. Mit Viagra sei das Hormon jedenfalls nicht zu vergleichen, betont Dhillo. „Viagra wirkt bloß auf den Blutfluss in den relevanten Organen, aber nicht im Gehirn – im Gegensatz zu Kisspeptin.“