Inversionswetterlage am Bodensee
APA/dpa/Felix KŠstle
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Monitoring

Die Schadstoffe in der Alpenluft

Selbst in den Bergen fernab von Industrieanlagen lassen sich Spuren schwer abbaubarer Schadstoffe nachweisen. Seit 15 Jahren misst man das in Österreich und Bayern. Es zeigt sich, dass internationale Regulierungen wirken.

Unter dem Projekttitel "PureAlps“ arbeiten Experten des Bayerischen Landesamts für Umwelt und des Umweltbundesamtes Österreich zusammen daran, den Eintrag von schwer abbaubaren organischen Schadstoffen („Persistent organic pollutants“, kurz POP) in den Alpenraum zu dokumentieren. Gemessen wird am Sonnblick-Observatorium in 3.106 Metern Seehöhe und an der bayerischen Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze in 2.650 Metern Seehöhe knapp an der Grenze zu Tirol.

Mehr als einhundert Schadstoffe, die wiederum in Gruppen, wie etwa die Dioxine zusammengefasst sind, werden dort erfasst. Für die hochalpinen Bedingungen mit nur wenigen Tagen pro Jahr über dem Gefrierpunkt, mussten die Forscher eigene Vorrichtungen zum Probensammeln entwickeln, sagt Peter Weiss, Schadstoffexperte des Umweltbundesamtes, im Vorfeld der Präsentation der Messreihe am Mittwoch in München. Einerseits wird Luft angesaugt und gefiltert, andererseits werden Niederschläge gesammelt und dann im Labor analysiert. „So erfahren wir, wie hoch die Luftkonzentration oder der Eintrag an diesen persistenten organischen Schadstoffen war“, so Weiss.

Keine Gesundheitsgefahr

Bei den Konzentrationen bewege man sich vielfach im Bereich Nanogramm pro Kilogramm. Das entspreche im Verhältnis in etwa „einem Stück Würfelzucker im Neusiedler See“, so der Wissenschaftler. Es handle sich hier also großteils um „Hintergrundkonzentrationen“. Im Niederschlag verzeichne man aber durchaus auch Werte „in der Größenordnung, wie sie in quellennahen Gebieten vorkommen“. Weiss erläuterte: „Das ist ein eindeutiger Beleg, dass die Alpen durchaus eine Senke für diese Schadstoffe sind.“ In Bereiche, in denen akute Gesundheitsgefahr droht, komme man natürlich bei weitem nicht.

Das Sonnblick-Observatorium
APA/ZAMG/SCHOBER
Das Sonnblick-Observatorium

Trotzdem können sich auch in alpinen Nahrungsketten Schadstoffe anreichern, die hormonartig, giftig oder erbgutschädigend wirken. Für viele dieser Substanzen gebe es keine belastbaren Grenzwerte, „da hilft man sich mit dem Minimierungsgebot“, so der Experte.

Mehr als drei Dutzend dieser Schadstoffe weist die Stockholm-Konvention aus, in der diese verboten bzw. ihr Einsatz beschränkt wird. Das in dieser Form international einzigartige Monitoring in Österreich und Deutschland zeige auch, dass die Regulierungsmaßnahmen wirken: So ging etwa die gemessene Luftkonzentration des Insektenvernichtungsmittels Endosulfan nach dem Verbot innerhalb der vergangenen 15 Jahre um 96 Prozent zurück. „Das ist ein ganz markantes Beispiel für die Sinnhaftigkeit der Konvention einerseits und andererseits des Monitorings“, so Weiss. Die Wissenschaftler erweiterten im Laufe des Projekts die Kandidatenliste der potenziell schädlichen Substanzen auch kontinuierlich mit.

Mehr Rückgang als Anstieg

Bei insgesamt 35 Prozent der analysierten Schadstoffe gingen die Werte in den vergangenen Jahren signifikant zurück. Bei vier Prozent der Substanzen waren sie zumindest an einer der Messstationen jedoch im Steigen, so etwa bei der im Flammschutz eingesetzten Substanz Diphenylether. Keine eindeutigen Trends weisen die Messungen bei den polychlorierten Biphenyle (PCB) auf. Diese werden zwar seit den 1970er-Jahren nicht mehr produziert, sind aber als Weichmacher und Flammschutzmittel etwa in Fugendichtungsmassen älterer Gebäuden enthalten und entweichen weiterhin aus diesen.

Trotz der Erfolge der Stockholm-Konvention sollte man bei der Analyse und Aufnahme neuer Stoffe weiter konsequent bleiben. „Ich hoffe auch, dass die Produzenten solcher Substanzen die gesamten Folgen ihrer neu synthetisierten Chemikalien sorgfältiger abwägen, damit wir diese Probleme in Hinkunft minimieren können. Auch weil es sich einfach nicht rechnet, wenn eine Firma dann die Produktion einstellen muss, weil sich herausstellt, dass es sich um einen persistenten organischen Schadstoff handelt“, sagt Weiss.