Mars
dpa/ESA/ESOC
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Geologie

Wenn der Mars bebt

Der Mars ist seismisch aktiv. Das zeigen erste Ergebnisse der im November 2018 gelandeten NASA-Sonde „Insight“. Bisher wurden insgesamt 450 Marsbeben beobachtet. Sie liefern Hinweise, wie das Innere des Planeten beschaffen ist.

Von den bisher 450 registrierten Marsbeben wurden mittlerweile 174 ausgewertet, die sich in den ersten zehn Monaten der „Insight“-Mission ereignet haben. Den Ergebnissen widmen sich nun mehrere Studien und eine Überblicksarbeit in „Nature Geoscience“ und „Nature Communications“. Die vielen Beben zeigen, „dass Mars ein seismisch aktiver Planet ist, der tektonische Vorkommen vor allem in der Region Cerberus Fossae zeigt. Das passt auch gut mit optischen Beobachtungen über Verwerfungen in dieser Region zusammen“, fasst Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz gegenüber der APA zusammen. „In Summe ist Mars aktiver als viele erwartet haben, aber die Daten stimmen ganz gut überein mit Vorhersagen von Modellen, die während der Planung der Mission gemacht wurden“, erklärt er.

Der Klang eines Marsbebens

Von den bisher ausgewerteten Marsbeben hatten 24 Magnituden zwischen 3 und 4, berichtet die ETH Zürich in einer Aussendung. Die Wellen dieser Beben breiten sich durch den Marsmantel aus. Die anderen 150 Ereignisse hatten vergleichsweise kleinere Magnituden, geringere Herdtiefe und Wellen mit höherer Frequenz, die sich nur in der Kruste des Planeten ausbreiteten. „Marsbeben weisen ähnliche Eigenschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden. Sie dauern mit zehn bis 20 Minuten lange, da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark streuen“, so ETH-Professor Domenico Giardini, der für den Marsbebendienst verantwortlich zeichnet. Generell ermöglicht die Art und Weise, wie sich die Beben in der Kruste verbreiten, Rückschlüsse auf den geologischen Aufbau des Planeten, betont Vedran Lekic in einer Aussendung der University of Maryland.

Zwischen Erde und Mond

Die Wissenschaftler vermuten, dass die seismische Aktivität auf dem Mars nicht nur eine Folge der Abkühlung und damit des Schrumpfens des Planeten ist, sondern auch durch tektonische Spannungen verursacht wird. Die gesamte auf dem Mars freigesetzte seismische Energie liegt zwischen derjenigen der Erde und derjenigen des Mondes.

Das Seismometer des Marslanders „Insight“
NASA/JPL-Caltech
Das Seismometer

Das Seismometer „SEIS“ der Mission erfasst auch das Hämmern der Mess-Sonde HP3. Die Grazer IWF-Forscher sind an der Auswertung der Daten dieses Geräts beteiligt. Sie schließen von den Messergebnissen auf die bodenmechanischen Eigenschaften. Allerdings konnte die Sonde bisher nicht so weit wie gewünscht in den Boden eindringen.

Dennoch konnten die physikalischen Eigenschaften der unmittelbar unter „SEIS“ liegenden Bodenschichten abgebildet werden. Demnach ist „Insight“ auf einer dünnen, sandigen Schicht von wenigen Metern Tiefe gelandet, die in der Mitte eines 20 Meter großen alten Einschlagkraters liegt. In größerer Tiefe sind die Eigenschaften der Marskruste laut den ETH-Forschern mit den kristallinen Grundgebirgen der Erde vergleichbar, sie scheint aber stärker zerklüftet zu sein.

Tieferes Vordringen schwierig

Die Forscher halten trotz der Schwierigkeiten mit dem Bohrroboter HP3 an ihrem Ziel fest, weiter als die bisher erreichten rund 30 Zentimeter in den Boden des Planeten einzudringen. "Der Boden unter ‚InSight‘ ist unter einer dünnen zementierten Schicht deutlich lockerer als jemals vorhergesehen wurde. Es hat sich um HP3 ein Krater gebildet wo das Material seitlich und nach unten „zerbröselt. Damit ist derzeit ein tieferes Vordringen schwierig“, schildert Kargl.

Forschervideo zu den Marsbeben

Für die weitere Auswertung der Vortriebsdaten des Marsmaulwurfs HP3 sei man daher „derzeit etwas auf Standby“, wie es Kargl formulierte. Das gleiche gelte auch für die Wärmeflussdaten, die sich die Grazer Wissenschaftler anschauen wollen. Prinzipiell sei die Mission ja auf mindestens zwei Erdjahre ausgelegt und man sei „zuversichtlich, dass die Mission auch darüber hinaus in die Verlängerung gehen kann“.

Das Zusammenspiel der bisherigen HP3-Hammerdaten, des Seismometers und der seismologischen Auswertungen habe bereits ein sehr komplexes Bild der unmittelbaren Umgebung von „Insight“ ergeben. „Die Daten, die produziert werden, sind vielleicht nicht ganz so sexy, wie die immer neuen Rover-Bilder, aber es ist Hard-Core-Grundlagenforschung, die uns hilft, den Planeten und Planeten im Allgemeinen besser zu verstehen“, so Kargl.