Fossiler Pflanzengummi entdeckt

Forscherinnen und Forscher haben den ersten fossilen Pflanzengummi entdeckt. Sie fanden das bernsteinfarbige Material in 110 Mio. Jahre alten fossile Blättern. Dass der wasserlösliche Stoff diese Zeit übersteht, sei sehr überraschend.

Viele Pflanzen, etwa Nadelbäume, scheiden Harz ab, um Verletzungen zu verschließen bzw. Schadinsekten abzuwehren. Es gibt aber auch Pflanzen, die Gummi absondern, etwa bestimmte Akazien-Bäume (Gummiarabikumbaum). Noch ist nicht völlig klar, warum. Denn diese Substanzen sind wasserlöslich, eignen sich also nur bedingt zum Wundverschluss. Zudem sind sie – im Gegensatz zu Harz – auch nicht giftig für viele Insekten und Mikroben. Deshalb werden sie zur Stabilisierung von Lebensmitteln eingesetzt, wie etwa Gummiarabikum oder Guarkernmehl. Man weiß aber, dass die Gummis bei der Speicherung von Nährstoffen involviert sind und der Pflanze strukturellen Halt geben.

Die Studie

„Cretaceous gnetalean yields first preserved plant gum“, Scientific Reports, 25.2.2020

Emily Roberts von der University of Portsmouth hat im Zuge ihrer Doktorarbeit fossile Blätter untersucht, die aus der für die reichen Fossilfunde bekannten „Crato-Formation“ im Nordosten Brasiliens stammen. „Weil sie nicht sicher war, von welcher Pflanze die Blätter stammten, wollte sie die dünnen, in die Blätter eingeschlossenen bernsteinfarbenen Bänder chemisch untersuchen“, erklärt die ebenfalls an der Studie beteiligte Leyla Seyfullah von der Universität Wien. Denn oft ist es hilfreich für die Bestimmung von Pflanzenresten, die chemische Zusammensetzung des darin enthaltenen Bernsteins zu kennen.

Überraschender Fund

Doch das Ergebnis der Untersuchung mittels Infrarot-Spektroskopie lieferte zur Überraschung der Forscherin kein bekanntes Bernstein-Spektrum. „Emily dachte zunächst, sie habe etwas falsch gemacht, oder die Proben seien verunreinigt“, so Seyfullah. Weil die fossilen Blätter jenen der Welwitschia-Pflanze ähneln, verglich sie die Analyseergebnisse mit jenen heutiger Pflanzengummis. Denn die 1859 vom österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch entdeckte, nur in der Wüste Namib vorkommende Pflanze sondert ebenfalls Gummi ab.

Im Vergleich zeigte sich eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen den vermeintlichen Bernstein-Proben aus den fossilen Blättern und heutigem Pflanzengummi. Verblüffend deshalb, weil man bisher dachte, dass wasserlösliche Pflanzengummis nicht den komplexen Fossilisationsprozess überstehen können. Die britische Wissenschaftlerin kontaktierte darauf hin Seyfullah, eine ausgewiesene Bernstein-Spezialistin. Sie untersuchte die Proben in Wien und es zeigte sich, „dass Emily völlig recht hatte. Wir können keinen Unterschied zwischen modernem und fossilem Pflanzengummi feststellen“.

Es handelt sich bei den Einschlüssen also um fossilen Pflanzengummi. „Da dieser so wie Bernstein aussieht, ist davon auszugehen, dass es viele andere bernsteinfarbene Substanzen in fossilen Pflanzen geben könnte, die bisher falsch interpretiert wurden – wir müssen das nun überprüfen. Bisher haben wir angenommen, dass alle gelben, orangen oder braunen Einschlüsse in einem Pflanzenfossil Bernstein sind“, sagt Seyfullah. Wie der wasserlösliche Gummi so lange überdauern konnte, ist noch unklar. Seyfullah kann sich die sehr speziellen Fossilisationsbedingungen in der „Crato-Formation“ als Grund vorstellen. Möglicherweise hat es auch mit der Dicke der Blätter zu tun, die den Gummi vor eindringendem Wasser geschützt haben.