Isotopenphysik

„Fingerabdruck“ von Uranquellen

Wiener Physiker haben eine Methode entwickelt, mit der sich feststellen lässt, aus welchen Quellen Uran stammt: aus der zivilen Nuklearindustrie oder von Atomwaffentests. Der charakteristische „Fingerabdruck“ eignet sich auch als Umweltindikator.

Bereits seit einigen Jahren wird das aus nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen oder Reaktorunfällen stammende Uranisotop U-236 als Anzeiger (Tracer) verwendet, um etwa Wassertransportprozesse in Meeresströmungen nachzuvollziehen, die einen starken Einfluss auf das Klima haben. Durch die Beobachtung der Ausbreitung vom Ursprung der Emission ausgehend können Wissenschaftler auf den Wassertransport in den angrenzenden Meeren schließen. Stammt das Uran aber aus mehreren Quellen, wie das zum Beispiel im Arktischen Ozean der Fall ist, ist ein einzelnes Isotop für die Verfolgung der Meeresströmungen nicht ausreichend.

Isotopenphysiker der Universität Wien suchten daher nach einem zweiten anthropogenen Uranisotop, das aus Kernwaffen stammt, aber kaum in konventionellen Kernkraftwerken produziert wird. „Aus kernphysikalischer Sicht erschien uns U-233 ein vielversprechender Kandidat zu sein“, so Peter Steier von der Uni Wien in einer Aussendung zu der nun in „Nature Communications“ veröffentlichte Studie.

Waffentest oder Wiederaufbereitung

Die Wissenschaftler untersuchten für am Vienna Environmental Research Accelerator (VERA) winzige Mengen der beiden Uranisotope in verschiedenen Proben. Dabei handelte es sich um Bohrkerne aus Korallen aus dem Pazifik und einem Torfmoor aus dem Schwarzwald sowie Proben aus der Irischen See und der Ostsee. Der Nachweis der extrem niedrigen Konzentrationen von U-233 von bis zu einem Femtogramm (Billiardstel Gramm) pro Gramm Probe gelang erst nach einer umfangreichen Erweiterung der VERA-Anlage.

Wildseemoor (Schwarzwald, Deutschland)
F. Quinto, KIT
Wildseemoor im Schwarzwald

Bei den Analysen fand sich in Proben aus der Irischen See ein zehnmal niedrigeres U-233/U-236-Verhältnis als in den Proben aus dem deutschen Torfmoor. Der Grund: Während das Meer zwischen Irland und Großbritannien stark von Einleitungen der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield betroffen ist und sich daher größere Mengen von U-236 fanden, hatten sich im Moor die globalen Auswirkungen von Waffentests in Form von U-233 akkumuliert. In den Daten des Korallen- und des Torfmoorbohrkerns zeigten sich sogar verschiedene Phasen der atmosphärischen Kernwaffentests, berichten die Forscher.

Die in den Moor-Proben festgestellte Gesamtmenge von U-233 kann allerdings nicht die bisher bekannten Beiträge zum globalen Waffen-Fallout erklären. Dies deute auf einen Beitrag der einzig bekannten U233-Bombe hin, welche auf einem Testgelände in Nevada (USA) gezündet wurde, erklärt Erstautorin Karin Hain von der Uni Wien.