Das Gemälde „Die betenden Hände, 1508“: Ausstellung „Albrecht Dürer“ in der Albertina in Wien.
APA/HERBERT NEUBAUER
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Forschungsprojekt

Wie Kunst wirkt

Mit Kunst die Welt verbessern? Dieser Frage geht ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit beteiligten Universitäten in ganz Europa nach. Gesteuert wird es von der Uni Wien aus.

„Wir wollen wissen: Was macht Kunst mit uns? Und können wir daraus ableiten, wie Kunst ein gesellschaftliches Potenzial für Veränderung hat?“. So beschreibt Matthew Pelowski, Psychologe und Ästhetik-Forscher an der Uni Wien, den umfassenden Auftrag des ARTIS-Projekts („Art and Research on Transformations of Individuals and Societies“).

Pelowski leitet das Konsortium von Forschern in den Fächern Psychologie, Neurowissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte, das zwischen Wien, Aarhus, Berlin, Oxford, Amsterdam, Belgrad und London für die nächsten vier Jahre an einer Vielzahl von Themen arbeiten wird. Das Projekt erhielt kürzlich einen EU-Förderpreis von drei Millionen Euro – der Betrag stammt aus den Fördertöpfen des Horizon 2020-Programms „Transformations“.

Erster Schritt: Daten sammeln

An der Wiener Psychologie wird mit dem Geld unter anderem eine neue Forschungsgruppe ins Leben gerufen, deren vordringlichste Aufgabe es ist, Daten zu sammeln: „Es gibt viele Theorien dazu, was Kunst mit uns tun kann: Dass sie Stress reduziert oder dass sie Empathie erhöht beispielsweise. Aber eigentlich gibt es ziemlich wenig Belege dafür“, erklärt Pelowski. Ziel ist nun, „auf systematische Weise zu erheben, welche Arten von Erfahrungen Menschen machen, wenn sie mit Kunst zu tun haben“.

In Wiener Museen hat man dazu schon zahlreiche Studien und Befragungen durchgeführt, eng ist die Kooperation beispielsweise mit der Albertina. „Wir versuchen, eine Baseline der Kunsterfahrung zu erschaffen, die dann mit spezifischen Fragestellungen zusammengebracht werden kann.“

Verhindert Kunst Streit?

So arbeiten die Projekt-Mitarbeiter an anderen Unis beispielsweise im Bereich Brain-Scanning, in der Sozialpsychologie oder in der Mikrophänomenologie. „Da geht es dann auch um Langzeit-Fragestellungen, zum Beispiel: Gibt es weniger Streit in der Familie, wenn mehr Kunst erlebt wird? Hat man ein positiveres Bild von der Stadt, in der man lebt?“

Kunstinstallation „For Forest“ im Klagenfurter Wörthersee-Stadion: 299 Bäume hatte der Schweizer Kunstvermittler Klaus Littmann in das Fu§ballstadion verpflanzt.
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Kunstinstallation „For Forest“ im Klagenfurter Wörthersee-Stadion

Die „Art in the City“-Schiene an der Berliner Humboldt-Universität begleitet Teilnehmer über ihr Smartphone ein Monat lang und lässt sie dort ihre ästhetischen Erlebnisse im Alltag dokumentieren, an der Universität Amsterdam wird auch mit Künstlern und deren Schaffensmotivation gearbeitet. An der Ruskin School of Arts der Universität Oxford geht es nicht zuletzt darum, das Thema kunsttheoretisch zu rahmen.

Und auch die schärfsten Kritiker hat man eingebunden, nämlich einzelne Künstler, die der Idee, Kunst für gesellschaftliche Zwecke benutzen, skeptisch gegenüberstehen. „Unser Ziel ist es, auch mit ihnen gemeinsame Zugänge zu finden. Es ist wichtig, mit Menschen zu arbeiten, die das Projekt auf Schritt und Tritt hinterfragen.“ Ebenso an Bord ist die UNESCO, die aus den gewonnenen Erkenntnissen möglichst unmittelbar Ziele für Kulturpolitik und Finanzierung ableiten soll.