Passivimpfung gegen Coronavirus wird in Wien entwickelt

In Wien arbeiten Forscher und Forscherinnen an einer Passivimpfung gegen schwere Covid-19-Erkrankungen: Sie soll mit Antikörpern aus dem Plasma von Patienten entwickelt werden, welche die Krankheit überstanden haben.

„Wir sind der führende Anbieter von aus Spenderplasma gewonnen Therapien“, sagt Thomas Kreil, Virologe des japanischen Pharmakonzerns Takeda mit einem Sitz in Wien. Seit 15 Jahren hätten Antikörper-basierte Präparate von Takeda klinische Erfolge bei „Vogelgrippe“ und „Schweinegrippe“ gezeigt. „Wir können das jetzt für unser Projekt zur Entwicklung eines solchen Antikörper-basierten Arzneimittels gegen Covid-19-Erkrankungen nützen“, so Kreil. Bei dem Projekt handelt es sich um die Entwicklung eines Anti-SARS-CoV-2-H-IG-Präparats (Humane IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2).

Altes Prinzip

Das Prinzip ist uralt: Der Mensch übersteht eine Infektionskrankheit vor allem dadurch, dass bald nach Ansteckung mit einem Keim, ob Viren oder Bakterien, eine Immunantwort in Gang kommt. Sie wird durch Antikörper vermittelt, anfänglich durch Immunglobulin M. Etwas später – nach etwa einer Woche – setzt die Produktion von spezifischen Immungloblulin G-Antikörpern durch B-Zellen ein (IgG). Dadurch wird die Infektion besiegt. Wieder Genesene tragen dann diese Antikörper im Blutplasma, diese schützen mehr oder weniger anhaltend vor weiteren Infektionen.

Entwickelt wurde die erste „Blutserum-Therapie“ von dem deutschen Wissenschaftler Emil von Behring, der 1891 erstmals zwei Diphtherie-kranke Kinder mit Antikörpern behandelte. Die Quelle waren damals vorgeimpfte Schafe. 1901 erhielt er dafür den ersten Nobelpreis für Physiologie und Medizin.

Passivimpfung aus dem Plasma Genesener

Bei Takeda soll das so ablaufen: "Wir wollen Covid-19-Patienten, welche die Infektion vollständig überstanden haben und gesundet sind, bitten, Plasma zu spenden. Aus diesem Plasma werden dann die Antikörper durch „Fraktionierung" konzentriert und haltbar gemacht. Kranke Patienten sollen schließlich die Antikörper aus dem Plasma (der wieder Gesunden; Anm.) in konzentrierter Form erhalten“, sagt Kreil.

Noch ist nicht bekannt, wie viel an Antikörpern man aus dem Plasma von ehemaligen Covid-19-Patienten gewinnen kann bzw. wie viel man für die Therapie eines Patienten mit dem „gesundeten“ Antikörperpräparat in Form einer passiven Impfung benötigt. „Das können pro Spender einer oder einige wenige Patienten sein. Das können pro Patient aber auch Antikörperpräparate von mehreren Spendern sein“, so der Virologe.

Relativ schnelle Zulassung: Bis zu 18 Monate

„Wir nehmen an, schon binnen neun bis 18 Monaten unser Medikament zur Zulassung bringen zu können“, sagt Thomas Kreil. Im Gegensatz zur Zulassung neuer Wirksubstanzen als Arzneimitteln, ist die Sicherheit der Anwendung von schon zugelassenen Antikörperpräparaten im Menschen seit Jahren bewiesen. Man könne daher die klinische Erprobung mit kürzeren Studien und wenigen Probanden durchführen, erklärt der Experte. Das sei für eine beschleunigte Entwicklungszeitleiste ein großer Vorteil.

Die Voraussetzung dafür ist die Plasmagewinnung von wieder gesund gewordenen Covid-19-Patienten. „Hier werden wir versuchen, Gesundheitsinstitutionen anzusprechen, über die wir Genesene für die Plasmaspende gewinnen wollen“, sagt Kreil. Bis sich SARS-CoV-2 Antikörper in vielen Plasmaspendern, und damit auch in Standard-Antikörperkonzentraten der Welt zeigen, dürfte noch einige Zeit vergehen.

Abseits von dieser Strategie wären die Antikörper von Covid-2-Genesenen auch für die biotechnologische Forschung extrem wichtig. Aus ihnen könnte man eventuell auch Strategien für zukünftige monoklonale Antikörper gegen SARS-CoV-2 oder für Impfungen ableiten.