Algenteppich an einem chinesischen Strand
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Klimawandel

Algen aus dem All erkennen

Ein neuer Algorithmus soll auf Satellitenaufnahmen erkennen, wo im Meer welche Algen wachsen und wie viele. So will man besser verstehen, wie sich das Algenwachstum verändert und welche Rolle der Klimawandel dabei spielt. Auch Fischerei und Algenmanagement sollen profitieren.

Algen haben quasi einen Fingerabdruck. Jede Art reflektiert das Sonnenlicht nämlich in unterschiedlichen Farben. Dieser Reflexionscode der Algen ist durchaus komplex und die Unterschiede sind zum Teil fein. Deutschen Forscherinnen und Forschern ist es nun aber gelungen, die Lichtmuster für fünf wichtige Algengruppen zu entschlüsseln und ein Computerprogramm zu entwickeln, das diese lesen kann. Dazu zählen die Kieselalgen, die zur selben Gruppe gehörenden Kalk- sowie Schaumalgen, Grünalgen, Dinoflagellaten sowie Blaualgen. Damit das Computerprogramm diese Algen richtig erkennt, haben die Forscherinnen und Forscher bisherige Satellitenmessungen mit rund 12.000 Wasserproben kombiniert, die zeigen, welche Algen sich zu welchem Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befanden.

Durch den Algorithmus können die Forscher nun verschiedene Satellitenbilder analysieren und sehen, wo sich welche Algen ausbreiten. Auch Aufnahmen der vergangenen 18 Jahre sollen damit neu untersucht werden. Bisher konnte man aus dem Bildmaterial nur grundsätzlich ablesen, wo mehr und wo weniger Algen sind. „Wir sind hoffnungsvoll, dass wir diese unterschiedlichen Datensätze ganz zusammensetzen können, sodass wir Langzeitbeobachtungen haben“, erklärt eine der Forscherinnen, Astrid Bracher vom deutschen Alfred-Wegener-Institut gegenüber science.ORF.at.

Alge ist nicht gleich Alge

Eine genauere Analyse ist insofern wichtig, als Algen verschiedene Funktionen im Meer, aber auch im Klima haben. Während manche eine wichtige Nahrungsquelle für Fische und Krebse sind, können andere giftige Stoffe bilden und Fische töten. Bestimmte Arten wie die Kieselalge wiederum speichern besonders viel CO2, andere geben CO2 leichter ab. Kalkalgen und Schaumalgen können sogar zur Wolkenbildung beitragen. „Das heißt, wir können diese Daten von den Satelliten gut nutzen, um auch über andere Prozesse Aufschluss zu erhalten“, so die Ozeanographin Bracher.

Mikroalgen auf dem offenen Meer
AFP/DESIREE MARTIN

Beispielsweise erhoffen sich die Forscherinnen und Forscher mehr Informationen darüber, wie der Klimawandel das Wachstum bestimmter Algen verändert. Ein Beispiel: Durch die steigenden Temperaturen schmilzt das Eis in der Arktis früher, und die Algen beginnen früher zu wachsen. „Es kann dann aber sein, dass es nach einiger Zeit weniger Algen gibt, weil sie nicht an nährstoffreiche Schichten herankommen. Das müssen wir uns noch genauer ansehen.“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 20.5., 13:55 Uhr.

Darüber hinaus legen Wasserproben aus den Polarregionen den Schluss nahe, dass wärmeliebende Schaum- und Kalkalgen auch in diesen Regionen zunehmen. Sie könnten über die Wolkenbildung ihrerseits das Klima auf der Erde beeinflussen. Beobachtungen wie diese sollen mit dem neuen Farberkennungsprogramm besser erklärt und in Zusammenhang gebracht werden, erklärt Bracher.

Fischerei und Algenmanagement

Von dem Algorithmus könnten aber auch unmittelbar das Küstenmanagement und die Fischerei profitieren. Steigt das Wachstum bestimmter Algen exponenziell an, ist das ein Anzeichen für eine drohende Algenblüte. Treten Algen in dieser geballten Form auf, können sie Fischen den Sauerstoff rauben. „Wir können aber auch der Fischerei vorhersagen, wo das Algenwachstum stark sowie die Wasserqualität gut ist und wo vermutlich viele Fische zu finden sind.“

Alle Algen lückenlos zu erfassen, ist aber auch mit dem neuen Algorithmus noch nicht möglich, räumt die Ozeanographin ein. Dafür unterscheiden sich manche Algengruppen farblich zu wenig. Ein Handicap ist zudem, dass das Programm nur Algen auf offenem Meer erkennt, nicht aber an der Küste. „Dafür braucht es ein neues Modell.“ Nichtdestotrotz, ergänzt Bracher, hilft das Programm, die Algenökosysteme im Meer wieder ein wenig besser zu verstehen.