Eine Information am Eingang der Albertina: Das Museum bleibt bis auf weiteres geschlossen, wegen Ausgangbeschränkungen März 2020
AFP/JOE KLAMAR
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Forscherinnenalltag

Museumsforschung im Wohnzimmer

Was tun, wenn Reisen unmöglich wird, aber man 50 zeithistorische Museen weltweit besuchen wollte? Die vielbeschworene „Globalisierung der Erinnerung" sollte Ljiljana Radonić dort untersuchen. Nun muss die Politikwissenschaftlerin von Woche zu Woche schauen, was möglich ist, wie sie in einem Gastbeitrag schreibt.

Woche eins

Da am Donnerstag meine Uni-Vorlesung beginnt, muss bis dahin nun einmal das Video mit eingebetteter Powerpoint aufgenommen und hochgeladen sein, Konzentrationsschwierigkeiten und Überforderung hin oder her. Wenn schon die Forschungsreise zu den Museen in Kroatien und Bosnien im April und wohl auch die nach China und Japan im Mai storniert werden müssen, wird ein neuer Plan gemacht.

Ljiljana Radonić
privat

Ljiljana Radonić ist Politikwissenschaftlerin am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). 

Wir arbeiten zuerst die bisher besuchten Museen ab und erforschen dann nicht mehr Museum für Museum. Stattdessen kann man auch zuerst für alle Museen einer Region mithilfe von online erhältlicher Sekundärliteratur, der Museumswebseiten und Guidebooks die Entstehungsgeschichte des Museums und seine Rolle in der jeweiligen Gesellschaft erforschen …

Woche zwei

Montag sollte nach fünfjähriger Forschung mein Habilitationskolloquium stattfinden, doch es als Videokonferenz abzuhalten, ist offenbar rechtlich noch zu unsicher. Hoffentlich werden hier rasch neue rechtliche Möglichkeiten geschaffen. Ohne Habilitation kann ich die neuen DoktorandInnen im ERC-Projekt nicht betreuen – sie bekommen derzeit aber auch kein Visum, da die österreichische Botschaft in Kenia geschlossen hat. Also überarbeite ich meinen Zeitschriftenartikel über den Geschichtsrevisionismus in Polen und Ungarn.

Zweifel beschleichen mich, ob das alles derzeit Sinn hat. Dann verlangt Viktor Orbán, Ungarn mit totalem Durchgriffsrecht am Parlament vorbei zu regieren, und ich weiß wieder, warum ich das tue. Im Gegensatz zu so vielen bin ich dabei finanziell abgesichert und alles Obige sind Luxusprobleme.