Grabungsstätte in Ägypten
AFP/KHALED DESOUKI
AFP/KHALED DESOUKI
Forscherinnenalltag

Entschleunigung und Sorgen

Grabungen werden meist langfristig geplant. Die Absagen wegen der Coronavirusepidemie bringen einiges durcheinander. Für die Archäologin Julia Budka hat die Entschleunigung zwar auch gute Seiten. Aber die Sorgen überwiegen, wie sie in einem Gastbeitrag schreibt.

COVID-19 hält die Welt in Atem und stoppt so einiges in der Wissenschaft. Wir Archäolog_innen haben auch viel Schreibtisch- und Computerarbeit zu erledigen, aber unser Hauptgeschäft, die Feldarbeit bzw. Grabung ist aktuell nicht durchführbar und bedeutet einen massiven Einschnitt.

Julia Budka
LMU München

Julia Budka ist Archäologin am Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie für Wissenschaften (ÖAW) und an der Ludwig Maximilians-Universität München.

Ich hatte noch großes Glück – meine Grabung im Sudan konnte Mitte März erfolgreich abgeschlossen werden, die nächste geplante Grabung in Ägypten im April wurde aber natürlich abgesagt. Fast täglich kommen auch in meinem Fach Konferenzabsagen rein und es gilt massiv umzudenken, auch in Hinblick auf Lehre und Meetings.

Feldforschungsaufenthalten sind meist von langer Hand geplant und die aktuellen Absagen werfen uns um ein ganzes Stück zurück, auch was Kooperationen und den Austausch mit Kolleg_innen betrifft. Archäologische Funde und Proben muss man leider real in der Hand halten. Vieles verschiebt sich nun um ein Jahr oder sogar mehr – ein nicht unerheblicher Zeit- und Geldverlust.

Durchatmen und Planen

Aktuell arbeite ich, unterstützt von zahlreichen Personen, mit Hochdruck am Start meines neuen ERC Projektes – es beginnt tatsächlich im April und die Durchführbarkeit ist dank Home Office auch gewährleistet. Die Einreisebeschränkungen erschweren allerdings die Mitarbeiterrekrutierung und der Beginn einer der vakanten Stellen musste nun zwei Monate nach hinten geschoben werden.

In mancher Hinsicht ist die Entschleunigung in meinem Bereich allerdings auch ein Segen – wäre ich sonst nur auf Achse gewesen, habe ich nun zu Hause Zeit zum Durchatmen, Planen, für Recherche und Schreiben. Aber die Bedrohung, die COVID-19 darstellt, ist ein viel zu hoher Preis dafür – v. a. in den bevölkerungsreichen Ländern in denen ich arbeite, Ägypten und Sudan. Es wird die ärmsten Bevölkerungsschichten dort vermutlich massiv treffen und das macht mir viel mehr Sorgen als Verzögerungen in der Forschung oder auch in der Lehre – denn das ist einfach höhere Gewalt und nicht zu ändern bzw. mit etwas Flexibilität gut aussitzbar.