Wasserfledermaus
APA/Wolfgang Buchhorn
APA/Wolfgang Buchhorn
Epidemiologie

Gestresste Fledermäuse übertrugen das Virus

Fledermäuse gelten als ursprünglicher Wirt des neuen Coronavirus. Von ihnen dürfte das Virus über einen Zwischenwirt auf den Menschen übergegangen sein. Stress dürfte dabei ein entscheidender Faktor gewesen sein – ausgelöst durch menschliches Verhalten.

Fledermäuse leben mit Coronaviren so wie Menschen mit Herpesviren: Die Erreger befinden sich im Körper, bleiben die meiste Zeit unbemerkt, ohne eine Erkrankung auszulösen. Dabei haben sich die Coronaviren an die Fledermäuse angepasst. Die einzigen fliegenden Säugetiere kurbeln immer dann, wenn sie in die Luft abheben, ihren Stoffwechsel stark an und ihre Körpertemperatur steigt an.

Diese hohen Temperaturen seien vergleichbar mit einem Fieber bei Menschen, sagt Andrew Cunningham, Professor für Wildtier Epidemiologie der Zoologische Gesellschaft London. Weil sich die Viren in den Fledermäusen an die hohe Körpertemperatur gewöhnt haben, ist die Antwort des menschlichen Immunsystems, das Fieber, nicht wirksam. Das mache das Sars-Coronavirus-2 und ähnliche Viren so gefährlich für den Menschen, so Cunningham.

Stress schwächt das Immunsystem

Zu einer Übertragung von Fledermaus auf Mensch komme es dann, wenn die Tiere großem Stress ausgesetzt sind. Der Epidemiologe vergleicht das mit dem Herpesvirus und der Entstehung einer Fieberblase. „Wenn Menschen, die den Herpesvirus in sich tragen, Stress haben, wird ihr Immunsystem schwächer und sie entwickeln eine Fieberblase auf ihren Lippen“, so der Epidemiologe. Über diese Fieberblasen kann das Virus auf andere Menschen übertragen werden.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 30.3., 12:00 Uhr.

Ähnlich sei das bei Fledermäusen und den Sars-verwandten Coronaviren. Eingriffe in ihren Lebensraum, das Abholzen von Wäldern, das Fangen und Zusammensperren lebender Tiere in kleinen Käfigen auf Märkten, all das verursache Stress und begünstige den Übergang der Viren von einer Spezies zur anderen und schließlich zum Menschen. Und es gebe noch zehntausende andere Viren, die auf gleiche Weise übertragen werden könnten, warnt Cunningham, nicht nur von Fledermäusen.

Biodiversität schützt vor Viren

Je stärker die Biodiversität des Planeten reduziert würde, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass andere Viren von Tieren auf Menschen übertragen würden, sagt Cunningham. Denn die Tiere hätten sich gemeinsam mit Viren entwickelt, im Fall der Fledermaus eben mit Coronaviren. In einem funktionierenden Ökosystem seien solche zoonotischen Übertragungen, von Tier auf Mensch, höchst unwahrscheinlich.

Die Lehre, die man jetzt aus der Covid-19-Pandemie ziehen müsse, sei, nicht weiter in die Lebensräume von Wildtieren einzugreifen und die Artenvielfalt zu erhalten, ist Cunningham überzeugt. Das sei die beste Strategie, um Tiere vor dem Menschen zu schützen und damit den Menschen vor einer Übertragung mit gefährlichen Viren.