Laboratori Nazionali del Gran Sasso
AFP/ALBERTO PIZZOLI
AFP/ALBERTO PIZZOLI
Forscheralltag

Stillstand im Untergrundlabor

Die Messungen in einem italienischen Untergrundlabor hatten gerade begonnen, als sie aufgrund des Coronavirus wieder gestoppt werden mussten. Momentan lasse sich die Zeit noch gut nutzen, meint der Physiker Florian Reindl, aber langfristig werde es ohne Experimente schwierig.

Florian Reindl
privat

Florian Reindl ist Post-Doc am Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und an der TU Wien.

Die Coronavirus-Epidemie hat weitreichende Auswirkungen auf unseren Forschungsbetrieb. Ich arbeite in einer gemeinsamen Forschungsgruppe des Instituts für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der TU Wien, die am sogenannten CRESST-Experiment beteiligt ist. CRESST steht für Cryogenic Rare Event Search with Superconducting Thermometers. Das Experiment sucht nach Dunkler Materie und ist dafür in einem Untergrundlabor in den italienischen Abruzzen beheimatet (Laboratori Nazionali del Gran Sasso, 1.400 m unterhalb des Gran Sasso-Massivs in Italien, Anm.).

In den letzten Monaten haben wir neue Detektoren hergestellt, getestet und schließlich im Experiment eingebaut. Wir haben die Messung gestartet, aber dann mussten wir aufgrund der Coronakrise abbrechen. Die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen und Ihrer Familien hat oberste Priorität. Trotzdem fühlt es sich ein wenig so an, als würden Sie ihr Auto für den Urlaub packen und losfahren, aber bekämen dann das Tor der Einfahrt nicht auf.

Fehlender Austausch und Unsicherheit

Unsere Experimente sind internationale Kollaborationen, von daher sind wir gewohnt, über das Internet zusammenzuarbeiten. Neu ist allerdings, dass das nun auch für die eigene Arbeitsgruppe gilt. Wir lernen gerade alle, die virtuellen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, gerade auch in der Lehre an der Universität. Das funktioniert in vielen Bereichen gut, vor allem für gezielte Besprechungen. Die Wissenschaft lebt aber auch von Ideen aus Gesprächen zwischen Tür und Angel, mit Kolleginnen und Kollegen anderer Bereiche und dem Austausch auf Konferenzen. All das findet im Moment aber nicht statt.

Wie stark wir nun ausgebremst werden, hängt maßgeblich von der Dauer der Krise ab. Wir können die Zeit im Homeoffice sinnvoll nutzen, aber am Ende brauchen wir Experimente und die können wir gerade nicht durchführen. Hinzu kommt nun die Unsicherheit, welche Auswirkungen auf die Finanzierung unserer Forschung zu erwarten sind, insbesondere für Forscherinnen und Forscher, die nur befristet angestellt sind. Zunächst ist es aber auch für uns das Wichtigste, diese Pandemie so gut wie möglich einzudämmen – umso mehr da wir über die Kolleginnen und Kollegen in China und Italien einen nahen und persönlichen Einblick in besonders betroffene Gebiete bekommen.