Ein Forscher hält eine Pipette in der Hand
AFP – JEFF PACHOUD
AFP – JEFF PACHOUD

Wiener Wirkstoff wird an Patienten getestet

Das in Wien ansässige Biotechnologieunternehmen Apeiron Biologics hat einen möglichen Wirkstoff zur Behandlung von Covid-19 entwickelt. Nun soll er an 200 schwer erkrankten Patienten und Patientinnen in Österreich, Deutschland und Dänemark getestet werden.

Eigentlich sollte das Medikament mit dem neuen Wirkstoff APN01 zur Behandlung von akutem Lungenschaden bzw. akutem Lungenversagen entwickelt werden. Da diese Erkrankungen auch bei Covid-19-Patienten auftreten und tödlich verlaufen können, wird der Wirkstoff nun bei Menschen getestet, die sich mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert haben und infolge schwer erkrankt sind, erklärt das Biotechnologie-Unternehmens Apeiron Biologics in einer Aussendung.

China verzögert sich

Der Wirkstoff sollte bereits Ende Februar in China bei 24 Betroffenen eingesetzt werden, wie auch science.ORF.at berichtet hat. Allerdings gab es Verzögerungen durch die chinesischen Behörden, weshalb bis jetzt keine klinische Studie gestartet werden konnte, erklärt der Genetiker Josef Penninger gegenüber science.orf.at. Er hat das in Wien ansässigen Biotechnologie-Unternehmens Apeiron gegründet.

In Deutschland, Dänemark und Österreich ging es nun schneller. Bereits Ende nächster Woche sollen die ersten schwerkranken Patienten für die klinische Studie ausgewählt werden. „Sieben Tage lang wird der Wirkstoff eingesetzt, zweimal am Tag intravenös als 30-minutige Infusion.“ In Österreich sind Kliniken in Wien, Innsbruck und Salzburg beteiligt.

Wie das Medikament wirken könnte

Der Wirkstoff APN01 soll das Coronavirus täuschen. Es ahmt dabei jenes entscheidende menschliche Enzym nach, das das Virus nutzt, um in Zellen einzudringen. „Wir machen also eine Tür, die genauso aussieht wie die Tür, die das Virus benutzt, um in unser Haus zu kommen. Es ist, als würde man vor tausend Türen stehen und nur eine ist eine wirkliche Tür.“ Durch das Täuschungsmanöver soll das Virus sich anstatt an die Oberfläche einer Zelle an den Wirkstoff APN01 binden. Damit kann das Virus die Zellen nicht mehr infizieren und wird mit dem Medikament wieder ausgeschieden.

Gleichzeitig soll die Substanz vor schädlichen Entzündungen in der Lunge und einem möglichen Organversagen schützen. „Das müssen wir natürlich jetzt sorgfältig in klinischen Studien testen, ob das wirklich so ist in Patienten, die das Virus in sich tragen.“

Parallel wird schon produziert

Primär wird in der Studie darauf geachtet, ob es den Betroffenen durch die Infusionstherapie besser geht bzw. ob eine Verschlechterung und Multiorganversagen verhindert werden kann, erklärt der Genetiker. „Sekundär schauen wir, was sonst im Körper und mit dem Virus passiert und wie sich die Entzündungsparameter entwickeln.“

Jeder Patient wird nach der Behandlung 29 Tage nachkontrolliert. Penninger schätzt, dass es bis zum Sommer dauern wird, bis die Ergebnisse ausgewertet sind. Geht alles nach Plan und wirkt APN01 wie vorhergesagt, geht es darum, dass die Infusion weltweit zugelassen wird. Penninger, der vor 15 Jahren begonnen hat, an diesem Wirkstoff zu forschen ist aber zuversichtlich. „Wir haben auch schon die Produktion angefangen, das läuft also schon parallel.“ Wundermittel gibt es aber nicht, betont der Genetiker. Finanziert wird die Forschung mit öffentlichen Mitteln.