Eine Taschenlampe leuchtet in einem Abwasserkanal
APA/AFP/Anthony WALLACE
APA/AFP/Anthony WALLACE

Coronaviren im Abwasser als Frühwarnsystem

Ein Abwassertest, der künftig als Frühwarnung vor einer Coronavirus-Welle dienen könnte: Daran arbeiten Forscher und Forscherinnen in der Schweiz. Seit den ersten Krankheitsfällen haben sie im Kanton Tessin begonnen, Abwasserproben zu sammeln.

Diese werden jetzt ausgewertet und auf das Vorhandensein von Covid-19 untersucht. Lässt sich die Menge der Viren quantifizieren, könnte das zu einem Warnsystem für einen neuerlichen Ausbruch der Krankheit werden.

300 Gläser warten auf die Untersuchung

Nicht nur Rückstände Illegaler Drogen und Medikamente finden sich in den Abwässern, auch Viren gelangen in die Kläranlagen. Das trifft auch auf das Covid-19 zu. Erste Hinweise darauf gibt es aus Holland, sagt Umweltwissenschaftler Christoph Ort. Seit dem Ausbruch der Epidemie haben Wissenschaftler der Universitäten ETH Zürich und EPFL Lausanne begonnen, Proben aus zwölf Kläranlagen in der Schweiz zu sammeln. Neun davon stehen im Kanton Tessin, wo die Epidemie am meisten grassiert.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.4., 13:55 Uhr.

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Rund 300 Gläser warten derzeit im Kühlraum auf die Untersuchung. Christoph Ort und seine Kollegen zeigen sich optimistisch, dass die Quantifizierung der Viren im Abwasser möglich sein wird. Ort: “Wenn es gelingt, die Viren gewissermaßen zu zählen, lässt sich im Idealfall daraus eine Anzahl erkrankter Menschen abschätzen, die im Einzugsgebiet der Kläranlagen leben. Nach heutigem Wissensstand sollten wir in der Lage sein, wenige Erkrankte unter 100.000 Gesunden erfassen zu können.“

Probenahme in einem Abwasserkanal
Eawag
Probenahme in einem Abwasserkanal

Ziel: 2,5 Mio. Leute im Blick haben

Die Wissenschaftler hegen die Hoffnung, dass so eine neuerliche Ausbreitung zeitlich deutlich früher erfassen können, als dies über Einzeltest an Personen mit Symptomen zeigen können. Die Behörden könnte damit rascher mit Maßnahmen reagieren.

Derzeit finanzieren die genannten beiden Schweizer Universitäten das Forschungsprojekt, die Mitarbeitenden hoffen nun auf weitere Geldgeber. Gedacht wäre ein Untersuchungsnetz von 19 großen Kläranlagen zu schaffen, um das Abwasser von rund 2,5 Millionen Leuten in der Schweiz im Blick zu haben, das Modell könnte quasi als Frühwarnsystem bei Covid-19 eingesetzt werden.

Nachdem sich das Team um Ort zuletzt im Homeoffice befunden hat, hoffen die Forscher und Forscherinnen demnächst mit einer Sonderbewilligung wieder zurück in die Labors zu kommen, um die die Proben zu untersuchen.