Arbeiter in chinesischer Textilfabrik
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Studie

Mode wird immer größeres Umweltproblem

Wasserverschmutzung, Ressourcenverschwendung und CO2-Emissionen gehören zu den Umweltsünden der Modeindustrie. Obwohl diese Probleme bekannt sind, scheint sich die Situation nicht zu verbessern, wie eine aktuelle Studie zeigt – das Gegenteil ist der Fall.

Mode war noch nie so günstig wie heute, die damit verbundenen Umweltkosten steigen jedoch stetig. Im Wochentakt können im Netz neue Kollektionen gekauft werden – Fast Fashion heißt dieser Trend, der seit Jahren kritisch diskutiert wird. Denn viele Kleidungsstücke, die Konsumentinnen und Konsumenten heute erwerben, werden nie oder nur selten getragen. Seit 2005 hat sich die durchschnittliche Verwendungsdauer um 36 Prozent verringert, wie die Mode- und Designforscherin Kirsi Niinimaki und ein internationales Autorenteam in Nature Reviews Earth & Environment dokumentieren. Auch das trage zu den 92 Millionen Tonnen Abfall bei, die die Modeindustrie jährlich produziert.

Zweitgrößter Umweltverschmutzer der Welt

Neben der Ressourcenverschwendung zählt Niinimaki die CO2-Emissionen zu den größten Problemen der Fast Fashion. Die Modeindustrie sei heute der zweitgrößte Umweltverschmutzer hinter der Luftfahrt und verantwortlich für zehn Prozent der weltweiten Umweltverschmutzung. „Grund dafür ist, dass die Modeindustrie trotz der Kritik immer weiter wächst, ohne ihr Geschäftsmodell wesentlich zu verändern“, so Niinimaki gegenüber science.ORF.at.

Die Beschaffungs- und Produktionsketten der Bekleidungsindustrie sind komplex und umspannen den gesamten Erdball. Produziert wird dort, wo es am günstigsten ist, in den Ländern des globalen Südens, wo die Löhne niedrigst und die Arbeitsbedingungen extrem schlecht sind. Jeder Produktionsschritt habe Umweltfolgen, heißt es in der Studie.

Vom hohen Wasserverbrauch in der Baumwollproduktion, über den Einsatz von Chemikalien bei der Erzeugung von Kunstfasern und im Färbeprozess bis zu den CO2-Emissionen, bedingt durch den Transport der Rohstoffe, der fertigen Waren und durch den Verkauf.

Viele Transporte, viel Treibhausgas

Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) werden heute zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen durch die Modeindustrie verursacht. Ein Fünftel davon gehe allein auf Kosten der globalen Schuhproduktion, rechnet die Studie vor. Das liege unter anderem daran, dass jeder einzelne Produktionsschritt in einem anderen Land erfolge, etwa bei Kleidungsstücken aus Baumwolle.

„Die geernteten Baumwollfasern werden in ein anderes Land transportiert, um gewaschen zu werden und kommen dann von dort in ein weiteres Land, um den Faden zu spinnen, der dann weitertransportiert wird, um den Stoff zu weben“, so die Modeforscherin. Auch das Färben des Stoffs, das Zuschneiden und Nähen der Kleidungsstücke folge ganz ähnlichen Prinzipien. Hinzu komme, dass die einzelnen Produktionsschritte einen hohen Energieverbrauch aufweisen. „Deswegen trägt die Modeindustrie auch zur Klimakrise bei“, so Niinimaki.

Umweltverschmutzung wird ausgelagert

Dass Fast Fashion-Kleidungsstücke bzw. ihre Bestandteile den Planeten mehrmals umrunden, bevor sie online oder in Geschäfte zu kaufen sind, habe mit Kostenoptimierung zu tun, erklärt die Modeforscherin. Produziert werde dort, wo die Arbeitskraft am günstigsten ist und das seien vorwiegend asiatische Länder wie China, Indien, Pakistan oder Bangladesch. Diese Länder hätte auch den größten Anteil der Umweltverschmutzung durch die Modeindustrie zu tragen, etwa in Bezug auf Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung, sagt Niinimaki.

Näherin in chinesischer Textilfabrik
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Die globale Bekleidungs- und Schuhproduktion verbraucht laut Studie eineinhalb Billionen Liter Wasser pro Jahr, den Großteil davon im Anbau von Baumwollen, sowie beim Waschen und Färben der Stoffe. Sie ist für 20 Prozent der industriellen Wasserverschmutzung verantwortlich und verursacht 35 Prozent des Gesamteintrags von Mikroplastik in die Ozeane. „All das wäre nicht möglich, wenn wir in den Ländern des globalen Nordens produzieren würden, wir haben diese Probleme ausgelagert“, so Niinimaki.

Keine Trendwende in Sicht

Obwohl derzeit viel über Nachhaltigkeit in der Modeindustrie diskutiert werde, sei noch keine Trendwende in Sicht, resümieren die Autoren. „Bekleidung und Schuhe sind heute so günstig, dass es sich nicht auszahlt, sie zu reparieren“, erklärt Niinimaki. Stattdessen werde mehr und mehr gekauft. Von 1996 bis 2012 haben die Europäerinnen und Euopaer ihre Modeeinkäufen um 40 Prozent gesteigert. Pro Jahr und Person werden mehr als 15 Kilogramm neue Kleidungsstücke gekauft.

Dieses Konsumverhalten müsse sich ändern, um die Ressourcenverschwendung zu reduzieren, betont die Modeforscherin. Noch viel mehr sei derzeit aber die Gesetzgebung gefordert: Man könnte die Produzenten dazu verpflichten, den Bekleidungsmüll zurückzunehmen. „So entstehen Kosten, die die Modeindustrie vielleicht dazu bewegen, Kleidungsstücke und Schuhe in besserer Qualität zu produzieren“, so Niinimaki. Das wäre allerdings nur ein erster Schritt, um das große Umweltproblem der Modeindustrie zu lösen.