Weiße Zahlen durcheinander vor blauem Hintergrund
corund – stock.adobe.com
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Hochrechnung: Nur sechs Prozent erfasst

Der Unterschied zwischen der Dunkelziffer und den offiziellen Zahlen der Coronavirus-Infizierten könnte beträchtlich sein, wie deutsche Forscher nun berechnet haben: Weltweit sollen mit Ende März nur sechs Prozent aller Fälle erfasst gewesen sein. Es könnte zu dem Zeitpunkt schon über 40 Mio. Infizierte gegeben haben, in Österreich mehr als 85.000 und nicht nur gut 10.000.

Ausgangspunkt der aktuellen Hochrechnung waren einmal mehr die Todesraten. Zwischen diesen gibt es nämlich enorme Unterschiede: Während sie in vielen Ländern ungefähr bei einem Prozent lagen bzw. liegen, starben in Italien phasenweise mehr als zehn Prozent der Betroffenen, zumindest gemessen an den offiziellen Daten. Letztere sind vermutlich auch der wichtigste Grund für die großen Differenzen.

Es wird unterschiedlich gezählt und – was noch wichtiger ist – viele Fälle werden gar nicht gezählt. Laut Christian Bommer und Sebastian Vollmer von der Universität Göttingen wurden weltweit bisher etwa 94 Prozent „übersehen“, das sind viele Millionen Betroffene.

Hohe Dunkelziffer

Für die Einschätzung der tatsächlichen Sterberate verwendeten die Forscher die Ergebnisse einer kürzlich in „The Lancet Infectious Diseases“ erschienenen Studie, für die aktuelle Daten aus China analysiert wurden. Sie haben auch berücksichtigt, wie lang es von der Infektion bis zum Tod im Durchschnitt dauert, dadurch ist die Todesrate weniger verzerrt. Laut diesen chinesischen Daten beträgt sie 1,38 Prozent. Davon ausgehend haben Bommer und Vollmer nun hochgerechnet, wie viele Menschen in den einzelnen Ländern tatsächlich infiziert sein müssen.

Für Italien bedeutet das beispielsweise, dass es Ende März nicht erst ca. 105.000 Fälle gegeben hat – wie die offiziellen Zahlen nahelegen, sondern dass es in Wahrheit schon mehr als drei Millionen gewesen sein müssen. Das hieße, dass lediglich 3,5 Prozent aller Fälle entdeckt waren. In Österreich gab es zu diesem Zeitpunkt offizielle 10.180 Fälle, laut der Hochrechnung waren es aber bereits mehr als 85.000. Immerhin wurden damit zumindest mehr als elf Prozent der Fälle erfasst. Sollten diese Schätzungen stimmen, waren in den USA Ende März hingegen erst etwas mehr als ein Prozent aller Fälle erfasst, in Zahlen: 188.172 offizielle Infizierte stehen einer Dunkelziffer von fast zwölf Millionen gegenüber.

Sobald die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden, sei es umso wichtiger, tatsächlich alle Infizierten zu erfassen, schreiben die Göttinger Forscher. Eine weitere Ausweitung der Testungen, Stichprobentests, wie sie in Österreich bereits laufen, sowie die angekündigten Antikörpertest sollen in Zukunft helfen, das wahre Ausmaß der Pandemie einzuschätzen.