Medizin

Risikofaktor für Sehstörungen gefunden

Ein Eiweißstoff hält das Immunsystem davon ab, gefährliche Abfallprodukte im Auge unschädlich zu machen. Dadurch steigert er das Risiko für altersbedingte Sehstörungen, wie Wiener Mediziner in einer Studie berichten.

Manchen Menschen fehlt der Eiweißstoff CFHR1, ihre Sehstärke ist weniger gefährdet. Bei den anderen könnten Antioxidantien-Therapien helfen, berichten Wiener Mediziner im Fachjournal „Pnas“ (sobald online).

Giftige Abfallprodukte in der Netzhaut

Die altersbedingte Makuladegeneration betrifft in Österreich etwa 200.000 Menschen. Bei ihnen schwindet ab etwa 65 Lebensjahren die Augenkraft am Fleck des schärfsten Sehens (Makula), weil sich dort giftige Abfallprodukte (Oxidationsprodukte) ansammeln und die Netzhautzellen schädigen.

„Ein solches Abfallprodukt ist Malondialdehyd (MDA), das massenhaft auf absterbenden Zellen zu finden ist, und in altersbedingten Erkrankungen wie Makuladegeneration, aber auch Herz-Kreislauf Erkrankungen eine Rolle spielt“, erklärte Christoph Binder vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) und der Medizinischen Universität in Wien. In einer früheren Studie fand er heraus, dass ein „Aufpasser“ des angeborenen Immunsystems namens „Komplementfaktor H“ MDA festhält und damit verhindert, dass es eine Entzündung auslöst.

In der aktuellen Arbeit testete er mit Kollegen anhand von Blutserumproben von 2.000 Menschen, ob es individuelle genetische Unterschiede gibt, die diese Bindung von Komplementfaktor H an MDA beeinflussen. Erstens fanden die Mediziner heraus, warum eine bereits bekannte genetische Risikovariante des Komplementfaktors H bei vielen AMD Patienten zu finden ist: Bei ihr ist die Bindung beeinträchtigt und damit die Schutzfunktion reduziert.

Nun bessere Prognosen möglich

Außerdem entdeckten sie, dass ein Eiweißstoff namens CFHR1 die „Amtshandlung“ des Komplementfaktors H stören kann: Es bindet ebenfalls an das giftige Abfallprodukt MDA und verhindert damit, dass Komplementfaktor H es festhalten und seine Schutzfunktion vor Entzündungsreaktionen ausführen kann.

Es gibt Menschen, denen CFHR1 fehlt, und aus epidemiologischen Studien war es schon bekannt, dass sie ein geringeres Risiko für altersbedingte Makuladegeneration haben, sagte Binder. „Nun weiß man, warum: Wenn es nicht da ist, kann mehr Komplementfaktor H an das Abbauprodukt binden und Entzündungen verhindern“.

Nun wären bessere Risikoabschätzungen möglich, ob jemand eine höhere oder geringere Wahrscheinlichkeit (Prädisposition) für solche Erkrankungen hat. Außerdem sei eine besser auf die Patienten maßgeschneiderte Therapie denkbar: „Bei einer gewissen Konstellation an genetischen Varianten könnte es sich auszahlen, präventiv Antioxidantien zu nehmen“, so Binder.