Illustration von drei Krebszellen
©peterschreiber.media – stock.adobe.com
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Europa

Krebssterblichkeit sinkt – mit zwei Ausnahmen

Das Risiko, an Krebs zu sterben, ist in den vergangenen Jahren innerhalb der Europäischen Union deutlich zurückgegangen. Es gibt laut einer neuen Studie aber auch zwei Ausnahmen von dem generellen Trend.

Der Rückgang der Krebssterblichkeit gilt, wenn man die Altersstruktur der Bevölkerung berücksichtige, schreiben Medizinerinnen und Mediziner im Fachblatt „Annals of Oncology“. Ältere Menschen haben ein höheres Krebsrisiko und die EU-Bürger werden immer älter. Besonders deutliche Rückgänge der altersstandardisierten Sterberate prognostizieren die Mediziner bei Männern für Magenkrebs und Leukämie, bei Frauen für Eierstockkrebs und ebenfalls Leukämie.

Allerdings werden auch zwei negative Trends beobachtet: So nehme die Zahl der Frauen, die an Lungenkrebs sterben, europaweit immer noch zu. Außerdem sei Polen das einzige Land in der EU, in dem die Todesrate infolge von Prostatakrebs nicht falle, sondern sogar deutlich steige.

Absolut mehr Todesfälle

Seit 2011 veröffentlicht ein internationales Team um den Epidemiologen Carlo La Vecchia von der Universität Mailand Studien zur EU-weiten Krebssterblichkeit. Basierend auf Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO erstellen die Forscher Prognosen für das aktuelle Jahr sowie Vergleichsübersichten für die vergangenen Jahre und das sowohl für die gesamte EU – inklusive Österreich – als auch im Detail für die sechs bevölkerungsreichsten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Spanien.

Insgesamt, so das Ergebnis der Studie, werde die Zahl der Männer, die an Krebs sterben, 2020 im Vergleich zu 2015 altersbereinigt um gut fünf Prozent fallen, die der Frauen um vier Prozent. Die absolute Zahl der Todesfälle infolge von Krebs würde 2020 gut 1,4 Millionen betragen (798.700 Männer und 630.100 Frauen), knapp 65.000 mehr als noch 2015, was wieder der Tatsache von europaweit alternden Bevölkerungen geschuldet sei.

Statistik der Todesfälle
Annals of Oncology

Männer rauchen seltener, Frauen nicht

„In der EU insgesamt sinken die Krebstodesraten bei Männern. Mehr als die Hälfte davon ist auf rückläufige Sterblichkeitsraten aufgrund von tabakbedingten Krebserkrankungen zurückzuführen“, fasst Mediziner La Vecchia zusammen. Dazu gehöre nicht nur Lungenkrebs, der über ein Drittel des Rückgangs ausmache, sondern auch Krebsarten des Kopf- und Hals-Bereiches sowie Blasenkrebs: „Mit anderen Worten, es liegt daran, dass seit einigen Jahrzehnten immer weniger europäische Männer rauchen.“

Anders jedoch bei den Frauen: Hier werde es sogar zu einem fast fünfprozentigen Anstieg kommen – ein Trend, der EU-weit zu beobachten ist. Dazu kommentiert La Vecchia: „Die Sterberaten durch Lungenkrebs bei Frauen sind in der EU in den letzten zehn Jahren anhaltend gestiegen, obwohl sich die Steigerungsrate jetzt verlangsamt.“

Seine Ko-Autorin Eva Negri ergänzt: „Tabak ist nach wie vor die Hauptursache für die Krebssterblichkeit in Europa und macht rund 20 Prozent aller prognostizierten Krebstodesfälle aus.“ Der deutliche Rückgang der Todesfälle bei Männern im Vergleich zu Frauen spiegele die Unterschiede in den früheren Rauchgewohnheiten zwischen den beiden Geschlechtern wider, so die Pharmakologin der Universität Mailand.

Positiver Prostatakrebstrend: Ausnahme Polen

Der Report nimmt jedes Jahr eine andere Tumorart in den Fokus, in diesem Jahr Prostatakrebs. An jenem würden in diesem Jahr 78.800 Männer sterben, so die Vorhersage der Wissenschaftler. Das sind zwar fast 4.000 mehr als 2015, was aber damit zusammenhänge, dass die EU-Bevölkerung älter geworden sei. Berücksichtigt man diese Tatsache bei den Berechnungen fiel die Mortalität in diesem Zeitraum um sieben Prozent.

Dass das Sterblichkeitsrisiko für diese Tumorart europaweit falle, führen die Forscher auf aktuelle Operations- und Therapietechniken zurück. „Diese können, obwohl es keine Heilung gibt, einen relevanten Einfluss auf die Mortalität beim Prostatakrebs haben, da ein Teil der älteren Männer lange genug überleben könnte, um an anderen Ursachen zu sterben“, erklärt Epidemiologe La Vecchia in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.

Hierbei gibt es allerdings eine Ausnahme: In Polen werde die Todesrate für diese Krebsart im Vergleich zu 2015 in diesem Jahr um 18 Prozent steigen und das, obwohl diese zwischen 1970 und 1974 europaweit am niedrigsten war. Für La Vecchia ist das schwer erklärbar. „Es ist möglich, dass die jüngsten relativ hohen Raten auf die verzögerte Einführung moderner Diagnosen und Behandlungen zurückzuführen sind“, vermutet er.