HI-Virus (künstlerische Darstellung)
nobeastsofierce – stock.adobe.com
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Medizin

Gen- und Stammzelltherapie gegen Aids

In Deutschland soll kommendes Jahr die weltweit erste klinische Studie mit einer potenziell heilenden HIV/Aids-Therapie mit acht Patienten starten. Genetisch veränderte Stammzellen mit einem speziell entwickelten Enzym sind die hauptsächlichen Bestandteile.

„Es handelt sich um eine klinische akademische Studie“, sagte Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg. Zum ersten Mal solle durch eine Kombination von Stammzell- und Gentherapie das HI-Virus aus dem Erbgut infizierter Zellen herausgeschnitten und eliminiert werden.

Verbesserung bestehender Therapien

Alle bisher vorhandenen HIV/Aids-Therapien zielen – mittlerweile erfolgreich – auf die Unterdrückung der Vermehrung der Retroviren ab. Dadurch gelingt es, die Viruslast im Blut der Behandelten unter die Nachweisschwelle zu drücken und damit den Zusammenbruch des Immunsystems langfristig zu verhindern. Das Problem aber bleibt, dass das Erbgut der HI-Viren in den Immunzellen etabliert ist und die Virusmehrung jederzeit wieder aufflammen kann.

Eine von der Max-Planck-Gesellschaft entwickelten Technologie unter Verwendung einer „Genschere“ über das künstlich entwickelte Enzym „Brec1“ soll hier einen völlig neuen Weg erschließen. „Das Prinzip soll kommendes Jahr zum ersten Mal an acht Patienten an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf evaluiert werden“, erklärte Hauber. Dies wird an der Klinik für Stammzelltherapie des Krankenhauses erfolgen.

Enzym schneidet HIV-Erbgut heraus

„Den Patienten werden Blutstammzellen entnommen und ihnen wird dann das Erbgut für Brec1 eingeschleust", sagte der Wissenschafter. Das Designer-Enzym ist in der Lage, das Erbgut von HIV aus infizierten weißen Blutkörperchen bzw. den Stammzellen herauszuschneiden und damit das Virus zu eliminieren.

Die Patienten und Patientinnen erhalten dann ihre mit der Erbinformation für Brec1 versehenen Stammzellen zurück infundiert. Auch die aus ihnen entstehenden ausreifenden weißen Blutkörperchen sollen auf diese Weise vor HIV geschützt sein. Das Enzym wird nur aktiv, wenn eine Infektion der Zelle mit HIV vorliegt.

Hoffnung auf stärkeres Immunsystem

Die Entwicklung des Verfahrens erfolgte unter dem Dach des Hamburger Biotech-Start-Up-Unternehmens Provirex. Zunächst soll vor der Stammzelltherapie noch eine medikamentöse Behandlung zur Beseitigung noch vorhandener (auch) HIV-positiver Stammzellen im Knochenmark erfolgen. Doch in weiterer Zukunft möchte man darauf möglichst verzichten.

Die Hoffnung ist, dass die genetisch veränderten Stammzellen einen evolutionären Vorteil haben und sich durch natürliche Selektion besser vermehren bzw. zu mehr Immunzellen ohne HIV ausreifen. Damit könnte nach der Therapie ein HIV-loses Immunsystem bei den Behandelten entstehen.