Hand mit Geldscheinen vor einer Computertastatur
New Africa – stock.adobe.com
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Datenanalyse

Ungleichheit der Einkommen steigt

Die Einkommensunterschiede zwischen gut und schlecht bezahlten Jobs sind in den vergangenen 20 Jahren in vielen Staaten immer größer geworden. Das zeigt eine Studie zur Situation in 14 einkommensstarken Ländern wie Deutschland, USA, Japan, Israel und Südkorea.

Lehrer, IT-Entwicklerin, Koch: Je nachdem, was und wo man arbeitet, verdient man unterschiedlich viel. Diese Einkommensunterschiede sind im Beobachtungszeitraum zwischen 1993 und 2013 in elf von 14 untersuchten Ländern in Europa, Nordamerika und Asien immer weiter auseinandergedriftet. Das hat ein internationales Forschungsteam herausgefunden, nachdem sie anonymisierte Informationen zu Steuern, Sozialversicherungen, Arbeitsverhältnissen und anderen Verwaltungsdaten analysiert haben. Grundlage war eine riesige Datenmenge: Ingesamt haben die Forscher zwei Milliarden Berufsjahre verglichen.

Arbeitsmarktinstitutionen geben Verhandlungsmacht

Die Analysen zeigen auch, was die Ungleichheit verursachen könnte. Demnach ist die Ungleichheit in jenen Ländern schnell größer geworden, wo Arbeitnehmer immer weniger institutionell geschützt und unterstützt worden sind, wie beispielsweise in Deutschland. „1993 hatte Deutschland eine ziemlich hohe Einkommensungleichheit, aber auch einen hohen Arbeitnehmerschutz. Dieser Schutz ist in den Folgejahren stark zurückgegangen und die Ungleichheit ist stark gestiegen“, erklärt einer der Autoren Gergely Hajdu von der Wirtschaftsuni Wien. Allerdings ist in Deutschland nach der Wirtschaftskrise ab 2008 ein leichter Gegentrend erkennbar. In skandinavischen Ländern wie Schweden und Norwegen sind die Entwicklungen seit den 1990er Jahren ähnlich, nur war hier die Grundungleichheit anfangs niedriger, so Hajdu.

Wo Arbeitsmarktinstitutionen hingegen ausgebaut wurden, das Mindesteinkommen hoch ist, Tarife kollektiv verhandelt werden und es eine gute soziale Absicherung gibt, sind die Unterschiede nicht so stark angewachsen. „Wenn man den Arbeitnehmerschutz stärkt, stärkt man auch die Verhandlungsmacht von Angestellten. Man muss dann nicht jeden Job um jeden Preis annehmen“, erläutert der Wirtschaftswissenschaftler.

Dieser positive Zusammenhang wird in Slowenien deutlich, wo in den vergangenen Jahren die Schutzleistungen stark ausgebaut wurde, nachdem das System Anfang der 1990er kollabiert ist, schreiben die Autoren. Neben Frankreich ist Slowenien das einzige Land, in dem insgesamt Einkommensunterschiede in den letzten Jahren abgenommen haben. „Das liegt aber nur am öffentlichen Sektor. Im privaten Bereich ist auch hier die Ungleichheit zwischen den unterschiedlichen Einkommen stark gestiegen.“

„Superstarfirmen“ und Outsourcing

Ein weiterer Motor für Einkommensungleichheit sind den Autoren zufolge marktdominierende Firmen wie beispielsweise Apple, Uber und Amazon. Sie können in ihrer Firma höchste Einkommen zahlen, wodurch der Unterschied zu anderen größer wird.

Diese Schere geht weiter auf, wo solche Superstarfirmen, wie Hajdu sie nennt, Produktion und Dienstleitungen auf Zeitarbeitsfirmen, Franchisenehmer oder Subunternehmer auslagern, die die Leistung günstiger anbieten. Ein Beispiel ist, dass das Kantinen- und Sicherheitspersonal nicht in dem jeweiligen Unternehmen angestellt wird, sondern seine Dienstleistung günstiger über eine externe Firma zugekauft wird.

Dass solche Praktiken möglich sind, sei wiederum nicht zuletzt auf mangelnde Arbeitsmarkinstitutionen und geschwächte, kollektive Verhandlungsmacht zurückzuführen, so die Autoren. Dadurch werden schwächere Arbeiter und Arbeitnehmer abgekoppelt und mögliche Ansprüche verstummen, heißt es in der Studie.

Dieses Zusammenspiel von Marktdominanz und Outsourcing werde besonders in den USA deutlich, so Hajdu. Hier kommt noch hinzu, dass in den USA sowie auch in Kanada der geringste Arbeitnehmerschutz besteht, das aber konstant. „Es gibt aber auch aus den USA Erkenntnisse aus den 1970er Jahren, wonach kollektive Einkommensverhandlungen mit niedrigeren Einkommensunterschieden zwischen den Arbeitsplätzen einhergehen“, so die Autoren.

Die Folgen von Ungleichheit

Wie bisherige Studien und Feldversuche zeigen, wirkt sich die Ungleichheit negativ aus. Demnach sinkt die Zufriedenheit, wenn Menschen sehen, dass andere mehr verdienen als sie selbst, auch wenn sie weiterhin gleich viel verdienen. Auch deuten manche Forschungen darauf hin, dass Einkommensunterschiede sich negativ auf die Wirtschaft auswirken können. Der genaue Zusammenhang ist hier allerdings schwer festzumachen, erklärt Hajdu. Ob es gerecht ist oder ungerecht, wenn manche wesentlich mehr verdienen als andere, ist wieder eine andere Frage.

Österreich war nicht Teil der Studie, der Wirtschaftswissenschaftler Hajdu betont, dass es anders als in den untersuchten Ländern hierzulande keine leicht zugänglichen, öffentlichen Daten bzw. Register gibt, die Forscher für solche Analysen verwenden können. „Es wäre hier sicher nützlich, wenn Wissenschaftler und die Politik hier enger kooperieren, um einen solchen Datensatz zu entwickeln.“