Aufräumarbeit nach Murenabgang und Sturzflut
APA/EXPA
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Naturkatastrophen

„Häuselbauer“ lernen selten

Nach Naturkatastrophen wie Sturzfluten sollte man eigentlich von den Schäden lernen und beim Wiederaufbau die Häuser besser dagegen wappnen. Das wird in Österreich aber nicht gefördert und nur selten gemacht, berichten Experten bei der heute zu Ende gehenden virtuellen Tagung der European Geosciences Union (EGU).

Die Forscher um Sven Fuchs und Maria Papathoma-Köhle vom Institut für Alpine Naturgefahren der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien untersuchten bei zehn Wildbachereignissen, welche Schäden diese an rund 500 Gebäuden anrichteten und wie die betroffenen Häuser saniert oder neu errichtet wurden. Bei Wildbächen passiert es immer wieder, dass sie während und nach Unwettern massiv anschwellen, und große Mengen an Gestein, Erdreich sowie Holzstämme ins bewohnte Gebiet mitführen. Dort gibt es dann nicht nur Schäden durch das eindringende Wasser, sondern auch durch den Anprall des Materials an die Gebäudeaußenwände, sagt Fuchs.

Das Paznauntal war zum Beispiel in jüngster Zeit zweimal betroffen, schilderte er: 2005 und 2015 traten Zuflüsse der Trisanna aus ihrem Bett und riefen in den Orten Ischgl, See und Kappl massive Schäden am Gebäudebestand hervor. Auch die Ortschaft Pfunds im Tiroler Oberland wurde mehrmals vom Stubenbach, der unter normalen Umständen idyllisch durch den Ort plätschert, nach Unwettern mit großen Wassermassen und Geschiebe heimgesucht. Ein anderes Beispiel ist das Dorf Kössen im Tiroler Unterland, wo 2013 hohe Schäden entstanden sind.

Sichere Bauweise

„Nach so einem Ereignis hätte man eigentlich die Möglichkeit, unter dem Motto: Nach dem Unglück ist vor dem Unglück, sein Gebäude für die Zukunft besser zu schützen“, meint Fuchs. Dazu gäbe es bei Wildbach-Gefährdung mehrere Möglichkeiten, die von früheren Generationen durchaus bekannt sind. Man kann etwa erhöht bauen, Fenster und Türen mit abnehmbaren Balken schützen, die im Katastrophenfall aufgestellt werden, in Gefahrenrichtung gar keine solchen Öffnungen einbauen, und die Wände verstärken. „Wir haben mit einem Baumeister durchgerechnet, dass dies bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus eine Preissteigerung von rund fünf Prozent bedeuten würde“, erklärt er.

Diese Ausgabe könnte vor größeren Belastungen schützen. Denn die staatliche Hilfe aus dem Katastrophenfonds würde selten die gesamten Schäden abdecken, und bei Haushaltsversicherungen gebe es je nach Versicherungsgesellschaft Obergrenzen von 5.000 bis 15.000 Euro, die auch meist viel niedriger als das Schadensausmaß sind, sagt Fuchs. Abgesehen von Sturm und Hagel gäbe es richtige Elementarschadensversicherungen für Privathaushalte in Österreich nicht im nötigen Umfang.

Keine Förderung

Die Ausgaben für den Gebäudeschutz müssen allerdings rein von den „Häuselbauern“ getragen werden. „Momentan werden solche Maßnahmen nicht gefördert“, kritisiert der Experte. Genauso wie man den Bau von energieeffizienten Häusern unterstützt und die Wohnbauförderung an Energie-Sparmaßnahmen bindet, sollte man dies auch beim Schutz gegen Naturgefahren tun, die zum Beispiel einmal in 30 Jahren auftreten, also recht verlässlich in der Lebensdauer eines Eigenheims.

Aktuell würde seiner Erfahrung nach nur einer von Hundert Personen in Österreich das Haus nach einer Naturkatastrophe beim erneuten Aufbau oder der Sanierung „gegen die Naturgefahr ertüchtigen“, sagt Fuchs: „In Pfunds gibt es aber tatsächlich Beispiele, wo beim Wiederaufbau die Objekte über architektonische Lösungen sicherer gestaltet wurden“.