Krise befördert traditionelle Rollen, aber nicht immer

Die Coronavirus-Krise befördert die traditionelle Rollenaufteilung der Geschlechter in Österreich: Frauen kümmern sich laut einer neuen Umfrage deutlich mehr um Haushalt und Kinder als Männer. Es gibt aber auch andere Entwicklungen, wenn Männer mehr daheim sind und Teilzeit arbeiten.

Die Demografin und Soziologin Caroline Berghammer vom Institut für Soziologie der Universität Wien und vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) stellt in einem Blogbeitrag die Ergebnisse eines Teils des seit Beginn der Coronaviruskrise laufenden „Austrian Corona Panel“ der Uni Wien vor. In der thematisch umfangreichen Befragung mit rund 1.500 Teilnehmern und Teilnehmerinnen ist auch die Frage nach der Zeit, die seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen für die Betreuung von Kindern aufgewendet wird, enthalten.

Deutliche Geschlechterunterschiede

Unter den rund 300 Teilnehmern, die Kinder unter 14 Jahren im Haushalt haben, gaben im Zeitraum der vierten Erhebungswelle (zwischen 17. und 21. April) 38 Prozent an, dass sie zur Betreuung „viel mehr Zeit“ aufwenden. 31 Prozent meinten, dass sie dafür „etwas mehr Zeit“ benötigen. Bei 24 Prozent gab es kaum eine Veränderung und bei lediglich sieben Prozent verringerte sich im Lockdown der Aufwand.

Von einem in etwa gleich verteilten Mehraufwand kann aber keine Rede sein, denn die Geschlechterunterschiede sind hier mehr als deutlich: Während insgesamt 47 Prozent der Mütter deutlich mehr Zeit zur Betreuung der Kinder brauchen, geben dies unter den Vätern nur 29 Prozent an. Sieht man sich nur jene Befragten an, die auch während der Maßnahmen zur Eindämmung der Virusverbreitung konstant in Vollzeit arbeiten, gaben sogar 63 Prozent der Mütter an, viel mehr Zeit zum Versorgen, Spielen oder Lernen mit den Kindern aufzuwenden.

Unter den weiter vollzeitbeschäftigten Männern sind dies hingegen nur 30 Prozent. Etwas größer (40 Prozent) fällt der Anteil unter jenen Männern aus, die ins Homeoffice gewechselt sind. Unter den Frauen, die zuhause arbeiten, gaben das allerdings über die Hälfte (54 Prozent) an.

Bei Teilzeit ähnliche Belastungszuwächse

„Im Durchschnitt ist die Rollenverteilung hier also traditioneller geworden. Es sind eher die öfter in Teilzeit arbeitenden Mütter, die ihre Erwerbstätigkeit reduzieren und dann mehr Hausarbeit und Kinderbetreuung machen“, sagte Berghammer: „Trotzdem gibt es aber auch Gruppen, die gar nicht so klein sind, und die eine gegenläufige Entwicklung zeigen.“ Dies sind vor allem Familien, in denen der Vater die Erwerbstätigkeit durch einen Wechsel in Teilzeit etwa im Zusammenhang mit Kurzarbeit reduziert hat.

Mütter in Teilzeit (in der Studie mit bis zu 29 Wochenstunden definiert) gaben zu 45 Prozent an, dass die Kinderbetreuung viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Quasi neu in Teilzeit befindliche Väter standen hier mit 46 Prozent um nichts nach. Komme bei Männern Teilzeit und Homeoffice zusammen „ist der Effekt sozusagen noch stärker“, ob sich das dann in etwa mit dem von Müttern verlangten Aufwand vergleichen lässt, könne man anhand der Daten nicht sagen, erklärte die Wissenschaftlerin.

Neue Muster entstehen

Insgesamt entwickeln sich also „neue Muster und neue Rollen“, so die Wissenschaftlerin, die betonte, dass es eben nicht nur die familiäre Rollenveränderung in Richtung „traditioneller“ gibt. Darüber, inwiefern diese auch nach der Coronaviruskrise weiter bestehen bleiben, könne man nur mutmaßen. Die Forscherin glaubt allerdings, dass ihnen kein so langes Leben beschieden sein wird, falls das Leben relativ bald wieder seinen gewohnten Gang geht: „Ich denke, so eine Rollenveränderung braucht länger als ein paar Wochen oder Monate.“ Vielleicht entstehe aber trotzdem „ein größeres Verständnis“ für die jeweilige Rolle des Partners, so Berghammer.