Die Gefährlichkeit von Sars-CoV-2 zu beziffern, ist aus einer Reihe von Gründen äußerst schwierig: die Krankheit ist jung, die Daten hängen stark von ihrer Herkunft ab und ändern sich laufend, auch über die Dunkelziffer weiß man noch zu wenig. Dennoch gibt es mittlerweile eine Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die sich mit der Frage empirisch beschäftigt haben.
Die beiden australischen Epidemiologen Gideon Meyerowitz-Katz und Lea Merone haben nun 13 Studien zu dem Thema, die bis 25. April erschienen sind, verglichen. Ihre Übersichtsarbeit haben sie vor Kurzem auf dem Preprint-Server medRxiv veröffentlicht – was selbst wiederum ein Unsicherheitsfaktor ist, denn Arbeiten auf diesem Server wurden noch nicht, wie sonst üblich, von Fachkollegen oder -kolleginnen überprüft.
Große Spannbreite der Ergebnissse
Im Zentrum des Vergleichs von Meyerowitz-Katz und Merone stand die sogenannte „Infection-Fatality-Rate“: Diese „Infektionssterblichkeit“ drückt den Prozentsatz aller an einer Erkrankung Verstorbenen aus – im Gegensatz zur „Case-Fatality-Rate“ (Fallsterblichkeit) berücksichtigt sie auch Betroffene ohne Symptome, versucht also, auch die Dunkelziffer abzuschätzen.
Die meisten der 13 Studien stammten aus China und Italien und unterschieden sich in Umfang und Methode. Die Spannbreite ihrer Resultate war ebenfalls sehr groß: Die Studie mit der geringsten Infektionssterblichkeit kam auf einen Wert von 0,2 Prozent, jene mit der größten auf 1,6 Prozent. Der statistische Durchschnittswert liege bei 0,75 Prozent, schreiben Meyerowitz-Katz und Merone – also deutlich über der Sterblichkeit der Grippe, wobei dieser Vergleich sehr umstritten ist.
Bis zu einer Million Tote in den USA
Die beiden australischen Epidemiologen jedenfalls warnen: Selbst wenn man von einer relativ niedrigen Infektionssterblichkeit ausgehe, könnten sich die Todesfälle noch dramatisch entwickeln. Ohne wirksamen Impfstoff würden etwa in den USA vor Erreichen des Herdenschutzes eine Million Menschen an Covid-19 sterben. Ihre eigene Studie beschießen Merone und Meyerowitz-Katz mit dem Standardsatz jeder wissenschaftlichen Publikation, der aber in Zeiten des Coronavirus besonders wichtig ist: Mehr Forschung ist notwendig, um die offenen Fragen zu klären.