Kohlekraftwerk stößt Gase aus
AFP – PATRIK STOLLARZ
AFP – PATRIK STOLLARZ
Lock-Down

CO2-Emissionen sind deutlich gesunken

Der Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid ist zur Hochzeit der strengen Coronavirus-Maßnahmen laut einer neuen Studie stark zurückgegangen. Die globalen Tageswerte waren Anfang April um bis zu 17 Prozent niedriger als im Jahresdurchschnitt 2019 – in Österreich lagen sie sogar noch deutlich darunter.

So wurden am 7. April weltweit schätzungsweise 83 Millionen Tonnen CO2 durch die Verbrennung fossiler Brennträger und die Zementproduktion ausgestoßen – 2019 waren es im Tagesdurchschnitt 100 Millionen Tonnen gewesen, wie ein Team um die Klimawissenschaftlerin Corinne Le Quere von der englischen University of East Anglia in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ berichtet.

In manchen Ländern seien die Emissionen aufgrund strenger Lock-downs an „Spitzentagen“ sogar noch viel stärker gefallen: Ganz vorne liegen laut Studie Neuseeland und Luxemburg mit einem Minus von über 40 Prozent, auch Österreich befindet sich mit fast einem Drittel weniger Kohlendioxid gemeinsam mit Ländern wie Großbritannien und Spanien im Vorderfeld.

Weltweite Veränderung der CO2-Emissionen

Die von Regierungen getroffenen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 hätten in aller Welt große Auswirkungen auf den Energiebedarf gehabt, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Dass große Teile der Weltbevölkerung zu Hause hätten bleiben müssen und Grenzen geschlossen worden seien, habe etwa den Verkehr verringert und Konsumgewohnheiten verändert.

Allein die Emissionen des Transports an Land sowie des Luftverkehrs hätten am 7. April um 36 beziehungsweise 60 Prozent niedriger gelegen als im Jahresdurchschnitt 2019. Landverkehr, Energie und Industrie machten demnach gemeinsam 86 Prozent des gesamten CO2-Rückgangs aus.

Grafik zum CO2-Rückgang in den verschiedenen Sektoren
Le Quere et al, Nature Climate Change 2020, Global Carbon Project; @Jones_MattW
CO2-Rückgang in den verschiedenen Sektoren

In den ersten vier Monaten des Jahres fielen die Emissionen der Schätzung zufolge um insgesamt etwa 1.048 Millionen Tonnen. Besonders stark war der Rückgang in China (minus 242 Megatonnen), den USA (minus 207 Megatonnen) und Europa (minus 123 Megatonnen). Weltweit betrug die Verringerung im Vergleich zu den Monaten Jänner bis April 2019 insgesamt rund 8,6 Prozent.

Jahresschnitt hängt von weiteren Maßnahmen ab

Diese starken Rückgänge seien wahrscheinlich nur temporär, da sie keine strukturellen Änderungen in der Wirtschaft, beim Transport oder im Energiesektor bedeuteten, erläutert Le Quere. Ihr Kollege Glen Peters vom Cicero-Zentrum für Internationale Klimaforschung in Oslo ergänzt: „Die wegen Covid-19 entstandenen Emissionsverringerungen werden eindeutig beispiellos sein.“

Weniger sicher sei, wie sich die Wirtschaft Ende 2020 und im Jahr 2021 erholen werde, so Peters. Zudem gebe es große Unsicherheiten, wie sich die Pandemie entwickeln werde und welche Beschränkungen für den Rest des Jahres und darüber hinaus notwendig seien. Sollte die Aktivität in aller Welt bis Mitte Juni die Werte der Zeit vor der Coronavirus-Krise erreichen, dann rechnen die Forscher mit einem Rückgang der Jahresemissionen 2020 um schätzungsweise vier Prozent. Bleiben einige Beschränkungen dagegen bis Ende des Jahres bestehen, dürfte die Verringerung etwa sieben Prozent betragen.

Grafik zum CO2-Rückgang in Österreich
Le Quere et al, Nature Climate Change 2020, Global Carbon Project; @Jones_MattW
Die Entwicklung laut Studie in Österreich

Konzentration in der Atmosphäre steigt weiter

Das Team um Le Quere schaute sich für die Studie Daten aus 69 Ländern, 50 US-Staaten und 30 chinesischen Provinzen an, die bis Ende April verfügbar waren. Der Emissionsrückgang bedeutet nicht, dass die Konzentration der Treibhausgase in der Luft unmittelbar sinkt. Im Gegenteil – der CO2-Gehalt der Atmosphäre klettert weiter.

Darauf deuten etwa jüngste Daten der ältesten CO2-Messstation Mauna Loa auf Hawaii. Die US-Wetterbehörde NOAA hat als Durchschnittswert für April 416,21 ppm gemeldet und damit einen Anstieg von 2,88 ppm im Vergleich zu 2019. Dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre weiter ansteige, liegt an der sehr langen Verweildauer von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Ozeane und die Landregionen nähmen derzeit etwas mehr als die Hälfte des von der Menschheit ausgestoßenen CO2 auf – der Rest verweile für ungefähr ein Jahrhundert in der Luft.