Erbgutvarianten spiegeln Ausbreitung wider

Forscherinnen und Forscher haben bisher das Genom von 216 SARS-CoV-2-Viren in Österreich entschlüsselt. Die Verteilung der Virusvarianten passt ihnen zufolge gut zu der Entwicklung der bis dato festgestellten mehr als 250 Cluster – also von Häufungen von Fällen in bestimmten Regionen.

Die heimischen DNA-Daten des wandelbaren Virus sind ab sofort online einsehbar. Im Rahmen des Projekts „Mutationsdynamik von SARS-CoV-2 in Österreich“ arbeiten das Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit den Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zusammen. Das Ziel ist es, die Mutationswege und die Entwicklung der „österreichischen“ SARS-CoV-2-Virenstämme nachzuvollziehen. Insgesamt sollen 1.000 Genome detailliert analysiert werden, wie die MedUni Wien und das CeMM am Dienstag in einer Aussendung mitteilten.

Akribische Rückverfolgung

Die bisherigen Daten zeigen, dass schon zu Beginn der Epidemie in Österreich viele verschiedene genetische Varianten von SARS-CoV-2 zirkulierten, von denen einige auch zu größeren Übertragungsclustern führten als es bei anderen der Fall war. Zusammengeführt werden konnten diese Erkenntnisse aufgrund der akribischen Rückverfolgung der Infektionsketten durch die AGES, heißt es.

Die DNA-Sequenzdaten und die Analysen zu den Clustern liefern „wertvolle neue Erkenntnisse darüber, wie sich das Virus im Land ausgebreitet hat“ und passen bisher gut zusammen, so Projekt-Koordinator Andreas Bergthaler vom CeMM.

Weiß man besser über die Veränderungen Bescheid, die das neuartige Virus durchmacht, können zukünftig etwa Impfstoffe besser angepasst oder abgeschätzt werden, ob sich Resistenzen gegen Medikamente entwickeln.

Globale Verbreitung von SARS-CoV-2 und der D614G Mutation im Spikeprotein
Bobby Rajesh Malhotra / CeMM
Globale Verbreitung von SARS-CoV-2 und der D614G Mutation im Spikeprotein

Typische Virusmutation

Wie auch bei anderen derartigen Projekten weltweit interessieren sich die österreichischen Wissenschaftler besonders für das charakteristische, 1.273 Aminosäuren lange Spike-Protein, mit dem das Virus in die Zellen gelangt und das auch das Angriffsziel der körpereigenen Abwehr darstellt. In den österreichischen SARS-CoV-2-Genomen wurden bisher zwölf Veränderungen gefunden. Es zeigte sich dabei, dass die Virusmutation D614G bei den meisten hierzulande entschlüsselten Genomen vorhanden war. Was diese Variante bewirkt, wollen die Forscher nun weiter untersuchen.

Die bisher identifizierten SARS-CoV-2-Genome aus Österreich machen die Forscher des CeMM nun auf einer neu eingerichteten Website öffentlich zugänglich. Die interaktive Datenbank „Nextstrain Austria“ erlaubt es auch, die Austro-Varianten mit den bisher weltweit rund 8.000 sequenzierten Virusgenomen zu vergleichen. Darüber hinaus bieten die Forscherinnen und Forscher auf der CEMM-Website auch erklärende Texte auf Deutsch und Englisch zu der Thematik.