3-D-Illustration von Molekülen und Atomen
Anusorn – stock.adobe.com
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Physik

Atome streicheln für exakte Bilder

Wie sich Sauerstoff an Oberflächen anlagert, bestimmt deren chemisches Verhalten. Wiener Forscher haben nun beobachtet, was sich dabei genau abspielt. Sie „streichelten“ mit einem einzelnen Sauerstoffatom eine solche Oberfläche und erzeugten so Bilder mit extrem hoher Auflösung.

Die Gruppe von Ulrike Diebold vom Institut für Angewandte Physik der Technischen Universität (TU) Wien untersucht Oberflächen von Festkörpern, primär von Metalloxiden. Diese spielen in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, etwa in chemischen Sensoren, Katalysatoren oder Elektronikbauteilen.

Sonde für Rasterkraftmikroskop

Was sich genau beim Anlagern von Sauerstoff an Metalloxid-Oberflächen abspielt, war bisher noch unklar: Lagern sich einzelne Sauerstoffatome an, sind es Moleküle aus zwei Sauerstoffatomen (O2) oder ein hypothetischer Komplex aus vier Atomen (Tetraoxygen)? „Solche Fragen sind wichtig, um chemische Reaktionen an der Metalloxid-Oberfläche zu verstehen“, erklärte Martin Setvin vom Institut für Angewandte Physik der TU Wien in einer Aussendung. Doch es ist nicht einfach, Sauerstoffatome auf Metalloxid-Oberflächen zu untersuchen, ohne sie dabei zu verändern.

Sauerstoffmoleküle (orange) lagern sich an der Oberfläche an
TU Wien
Sauerstoffmoleküle (orange) lagern sich an der Oberfläche an

Die Wiener Physiker verwendeten nun ein Rasterkraftmikroskop für die Analyse, die soeben im Fachjournal „PNAS“ erschienen ist. Bei diesem Mikroskop lässt man üblicherweise eine dünne Spitze über die Oberfläche wandern, und misst die Kraft, die zwischen Spitze und Oberfläche wirkt. Damit dieses Abtasten der Oberfläche ganz sanft von statten geht und deren Atome nicht verändert werden, greifen die Forscher zu einem speziellen Trick: Sie erfassen mit der Spitze des Rasterkraftmikroskops ein einzelnes Sauerstoffatom, das dann als hochsensible Sonde Punkt für Punkt die Oberfläche abtastet.

Zwei Arten der Anlagerung

„Dieses Funktionalisieren der Spitze, indem man ein ganz bestimmtes Atom daraufsetzt, wurde in den letzten Jahren entwickelt, wir zeigen nun erstmals, wie erfolgreich die Methode bei Metalloxid-Oberflächen sein kann“, sagt Setvin. So konnten sie zeigen, dass sich Sauerstoffmoleküle auf unterschiedliche Weisen am Metalloxid anlagern – entweder auf den Titanatomen der Oberfläche, oder an bestimmten Stellen, an denen im Titanoxid ein Sauerstoffatom fehlt. Je nach Temperatur kann es dann zu einem Aufspalten der Sauerstoffmoleküle in zwei einzelne Sauerstoffatome kommen. Tetraoxygen wurde hingegen nicht gefunden.